Will Smith mit "Based on a True Story": Musik-Comeback zwischen Selbstzweifel und Größenwahn

Zwei Jahrzehnte nach seinem letzten Album und drei Jahre nach seiner Oscar-Ohrfeige meldet sich Will Smith musikalisch zurück.

Mar 28, 2025 - 16:14
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Will Smith mit "Based on a True Story": Musik-Comeback zwischen Selbstzweifel und Größenwahn

Zwei Jahrzehnte nach seinem letzten Album und drei Jahre nach seiner Oscar-Ohrfeige meldet sich Will Smith musikalisch zurück.

Will Smith (56) ist zwei Jahrzehnte nach seinem letzten Album als Musiker zurück. Der Gedanke liegt nahe, dass Smith, nachdem er seine Schauspielkarriere mit einer impulsiven Schelle für Kevin Hart (45) auf der Oscar-Bühne 2022 selbst ausgebremst hat, nun aus Mangel an Alternativen auf musikalischer Ebene das Showbusiness zurückerobern möchte.

Smith hatte als Musiker seine Karriere gestartet, er war zuerst als Rapper The Fresh Prince unterwegs, bevor er mit der Sitcom "Der Prinz von Bel-Air" seinen schauspielerischen Durchbruch feierte. Er hat einen Oscar für seine Filme erhalten, aber vier Grammys für seine Musik. Vielleicht also gar keine so schlechte Idee, nun wieder auf dieses Pferd zu setzen?

Tatsächlich ist das neue Album "Based on a True Story" mehr als nur ein Comeback - es ist ein musikalisches Biopic. Smith selbst beschreibt es als sein "persönlichstes und intimstes Werk". Im Interview mit "Billboard" zeigt er sich euphorisch: "Ich bin künstlerischer als je zuvor, ein besserer Schauspieler als je zuvor, ein besserer Dichter als je zuvor... Ich werde auf der Bühne besser sein als je zuvor. Ich bin einfach Feuer und Flamme für diese nächste kreative Phase meines Lebens und meiner Karriere."

Demnach wurde Smith nicht etwa durch seinen Karriereknick ins Studio geführt, sondern durch eine tiefere, spirituelle Erfahrung: Die Arbeit an dem Historienfilm über einen Sklaven, "Emancipation" sowie die Pandemie hätten eine neue kreative Quelle in ihm freigelegt. "Eine ganze Welt erwachte in mir, von der ich nicht einmal wusste, dass sie existiert", sagt er.

Will Smith ist on fire

Will Smith ist on fire, so viel ist nach dem Hören seines neuen Albums klar. Und ein Ende ist noch nicht in Sicht: "Based on a True Story" ist der Auftakt zu einer Trilogie. Insgesamt hat Smith rund 60 Songs aufgenommen, die er thematisch in "Staffeln" unterteilt, ähnlich einer TV-Serie. Der erste Teil behandelt "die Idee, in deinen dunkelsten Momenten zu tanzen". Die Songs darauf schrieb er direkt nach den Oscars 2022. Zwei Alben sollen noch folgen.

Schon mit dem ersten Song "Int. Barbershop - Day" greift er die Kritik der letzten Jahre auf. Über einem klassischen Hip-Hop-Beat sind verschiedene Stimmen zu hören, die über ihn herziehen: "Was zur Hölle denkt Will Smith, wer er ist?", "Ein Klassiker-Album? Glaubt er, er ist Jay-Z?", "Er müsste seinen Oscar zurückgeben", "Er ist nur noch wegen seiner Kinder im Gespräch" - und natürlich: "Nimm den Namen seiner Frau besser nicht in den Mund".

Von Wutanfällen und verpassten Chancen

Die zahlreichen Kollaborationspartner auf diesem Album sind Menschen, die auch nach dem Skandal zu ihm gehalten haben. An seiner Seite: die jungen Songwriter und Rapper Chiller und Symba, die ihn "davon abhalten, zu old school zu werden". Dazu kommen Weggefährten wie sein alter Freund OmArr Rambert, mit dem er schon zu "Fresh Prince"-Zeiten arbeitete, sowie Big Sean (37) und DJ Jazzy Jeff (60).

Es geht um Will Smith auf diesem Album und um,sonst nichts. In "Beautiful Scars" reflektiert er mit Autotune-Einsatz über verpasste Chancen - darunter seine berühmte Entscheidung, die Hauptrolle in "Matrix" abzulehnen. In "Work of Art" stellt Smith zusammen mit seinem Sohn Jaden (26) vor Chorgesängen klar, dass er sowohl Jesus als auch Judas sei und erinnert dabei zeitweise an Kanye West (47), allerdings nicht musikalisch. Mit dessen Sunday Service Choir spricht er sich in "You Can Make It" zu sanften Klavierklängen und den Gesängen des Engelschores selbst Mut zu: "God opens a window when the devil closes the door." Mit dem hoffnungsvollen Gospel-Song eroberte Smith bereits den ersten Platz der Gospel-Charts von Billboard. Weitaus düsterer wird es in "Tantrum", wo Smith aggressiv vom Ego rappt, das ihn gefangen hält und dem inneren Kind, das immer wieder Tobsuchtsanfälle bekommt. Und so weiter... Dieses Album ist persönlich, kämpferisch und offensiv, wie man es selten hört. Die Message: Nobody is perfect und auch Smith darf Fehler machen und sich selbst verzeihen.

Dass Smith sich seinen impulsiven Ausrutscher selbst verziehen hat, ist allerdings fraglich. Manchmal klingt es eher, als ob er seine persönliche Midlife-Krise vertont hat. Anstatt ein Comeback zu sein, das ein neues Kapitel aufschlägt, macht dieses Album vor allem klar, wie sehr Smith die letzten Jahre unter seiner eigenen Klatsche gelitten hat. Alles auf diesem Werk dreht sich darum, sich aufzurichten, weiterzumachen und sich selbst zu verzeihen.

Kreativ - oder manisch?

Zum Ende des Albums fällt der Satz: "Du musst nicht perfekt sein, um geliebt zu werden." Ein Leitmotiv, das Smith nun auch live auf die Probe stellen will: Zum ersten Mal in seiner Karriere geht er auf Tour - mit Stationen in Europa, Großbritannien und Marokko. Und auch hier hat er Großes vor: "Ich habe gigantische Ideen für die Inszenierung, den Einsatz von Musik, Schauspielern und Leinwänden - ich habe seit fast einem Jahrzehnt eine Show im Kopf [...]"

Es ist beeindruckend, dass Smith kein halbgares Album aufgenommen hat, nur um wieder auf der Bühne zu stehen. Stattdessen klingt es, als hätte er tatsächlich einen kreativen Drang verspürt, der sich nun in seiner Musik Bahn bricht. Doch bei aller künstlerischen Euphorie bleibt ein Eindruck haften: Smith will sich mit diesem Projekt nicht nur ausdrücken - er will sich rehabilitieren. Und dabei wirkt er bisweilen fast manisch. Nicht ein Album, sondern gleich drei. Eine Tour, die "gigantisch" werden muss. Die Entdeckung seiner inneren, kreativen Quelle. All das klingt nicht nur nach künstlerischer Leidenschaft, sondern auch nach einem Mann, der mit aller Kraft ein bestimmtes Bild von sich wiederherstellen will. Vielleicht muss noch ein bisschen Ego bröckeln, bevor das wirklich gelingt.