Laut Studie: Warum Millennials keine klassische Midlife-Crisis erleben

Ein schnelles Auto und eine junge Geliebte? Eine aktuelle Studie zeigt, warum die Millennials die Midlife-Crisis ganz anders erleben als ihre Vorgänger-Generationen.

Mar 30, 2025 - 19:13
 0
Laut Studie: Warum Millennials keine klassische Midlife-Crisis erleben

Ein schnelles Auto und eine junge Geliebte? Eine aktuelle Studie zeigt, warum die Millennials die Midlife-Crisis ganz anders erleben als ihre Vorgänger-Generationen.

Das Klischee hält sich hartnäckig: Etwa in der Lebensmitte überkommt uns alle eine handfeste psychologische Krise, in der wir unsere Entscheidungen und unser Lebensmodell hinterfragen. Habe ich den:die richtige:n Partner:in? Das passende Familienmodell? Den Job, der am besten zu mir passt? Diese existenziellen Fragen stürzen uns dann in die sogenannte Midlife-Crisis.

Und nicht nur, dass uns alle diese besagte Krise des mittleren Alters auf jeden Fall erreicht, sobald wir das 40. Lebensjahr vollendet haben, es soll sich auch immer in den gleichen klischeehaften Übersprungshandlungen äußern: Männer kaufen sich einen schnellen Sportwagen, um von ihrem womöglich nicht mehr ganz so üppigen Haarwuchs abzulenken, vielleicht gibt es dazu noch eine junge Freundin. Frauen dagegen lassen sich die Haare in edgy Trendfrisuren schneiden, vielleicht Botox spritzen und verbringen plötzlich verdächtig viel Zeit im Fitnessstudio – und/oder mit ihrem jungen Trainer.

Warum die klassische Midlife-Crisis seltener werden könnte

Das alles sind natürlich wirklich nichts anderes als Klischees. Und wie eine aktuelle psychologische Studie zeigt, erlebt die Generation, die gerade in mittleren Alter ist beziehungsweise in dieses eintritt, in vielen Fällen gar keine solche Midlife-Crisis. Was steckt dahinter?

Für die Forschungsarbeit wurden 1.000 Millennials in den USA befragt. 58 Prozent der Befragten gaben an, keine Zeit für eine Midlife-Crisis zu haben. 81 Prozent von ihnen sagten, dass sie sich diese Krise gar nicht leisten könnten. Denn alle diese Dinge, die die Generationen vor ihnen (vermeintlich) getan haben, um sich und andere von ihrer Lebenskrise abzulenken, kosten Geld. Teure Autos, Fitnessstudio-Mitgliedschaften, kosmetische Eingriffe – das muss man sich leisten können. Und genau das können die Millennials offenbar nicht.

Die Millennials sind zwischen 1981 und 1996 geboren, das heißt, die ältesten von ihnen sind nun 44, während die jüngsten in diesem Jahr 29 Jahre alt werden. Insgesamt verdient die Generation offenbar 20 Prozent weniger als ihre Eltern-Generation, die Baby-Boomer:innen, wie der Coach Mason Farmani "Fortune" erklärt. Zusätzlich müssten sie sich auf einem schwierigen Jobmarkt beweisen und höhere Wohnkosten stemmen.

Schwierigere Bedingungen für Millennials

Grundsätzlich beziehen sich diese Informationen auf die US-Millennials, aber den deutschen Vertreter:innen dieser Generation geht es nicht unbedingt besser. Auch hier müssen sie in der Rushhour ihres Lebens Familie und Job unter einen Hut bekommen, was wegen der nicht immer optimalen Vereinbarkeit von Erwerbs- und Care-Arbeit alles andere als leicht ist. Gerade viele junge Mütter sehen sich deshalb immer noch gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten, was die ohnehin häufig stagnierenden Gehälter noch weiter drückt.

Darüber hinaus steckt die Wirtschaft unverkennbar in einer Krise, viele Unternehmen bauen Arbeitsplätze ab, Kündigungen und befristete Verträge sind die Folgen für den Jobmarkt. Das belegt unter anderem eine Studie aus dem Jahr 2024, gemäß der jeder vierte neu geschlossene Arbeitsvertrag befristet ist – was bei jungen Menschen unter 25 Jahren sogar auf jede zweite Neueinstellung zutrifft. Das bedeutet vor allem für viele jüngere Arbeitnehmende eine steigende Unsicherheit. Das gesamte Arbeitsleben bei stetig steigendem Gehalt in derselben Firma zu verbringen, wie viele Baby-Boomer:innen es getan und erlebt haben, ist heute eher die große Ausnahme.

Aufgrund der steigenden Immobilienpreise können sich heute außerdem weniger junge Menschen eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus leisten. Das zeigt unter anderem eine deutsche Studie aus dem Jahr 2022, gemäß der nur 30,4 Prozent der Menschen unter 50 Jahren Wohneigentum besaßen, während es bei den über 50-Jährigen fast 57 Prozent waren.

Sinnkrise statt Ablenkung durch Konsum

Anstatt im klassischen Bild der Midlife-Crisis zu bleiben, bei der die Personen ihr Krisengefühl mit Konsum unterdrücken wollen, sieht diese Zeit bei den Millennials offenbar anders aus. "Die Midlife-Crisis ist für Millennials eher eine 'Krise des Sinns und des Engagements'", erklärt der Psychotherapeut Steven Floyd gegenüber "Fortune". Die Millennials seien eine Generation, die ermutigt wurde, hart zu arbeiten und sich große Ziele zu stecken. "Dann haben sie es geschafft und fragen sich: Bin ich zufrieden? Ist mir das überhaupt wichtig?"

Das heißt, selbst die Millennials, die es zu materiellem Wohlstand gebracht haben, könnten ganz anders auf Konsum und die Dinge blicken, die sie sich von ihrem hart verdienten Geld kaufen könnten. Diese Sinnfragen haben sich die Generationen davor – vor allem die Nachkriegsgeneration – womöglich gar nicht gestellt.

Aber im Prinzip haben diese unterschiedlichen Formen der Midlife-Crisis denselben Kern, wie der Finanzexperte Andrew Latham gegenüber "Fortune" erläutert. "Während das klassische Bild der Midlife-Crisis extravaganten Konsum beinhaltet, steckt dahinter eine tieferliegende psychologische Krise, die diese Erfahrung bestimmt", sagt er. "Egal, ob es darum geht, für Luxuswaren viel Geld auszugeben oder impulsive Veränderungen anzugehen, die Essenz der Midlife-Crisis liegt in der Suche nach Sinn, nach Identität und persönlicher Erfüllung – nicht im Kontostand."

Letztlich heißt das also, dass die Millennials sich vermutlich in der Lebensmitte an einem ähnlichen Scheideweg befinden wie ihre Elterngeneration, die Baby-Boomer:innen. Ihr Umgang damit ist womöglich einfach ein anderer – und das könnte sowohl mit den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen zu tun haben als auch mit der stärker ausgeprägten Suche nach Sinn und Purpose, die viele Millennials umtreibt.