Das Energiefass: Seit ich diese Regel befolge, fühlt sich mein Leben leichter an

Das Leben kann sich mitunter schwer und anstrengend anfühlen. Was laut der Psychologin Alexandra Zäuner gegen ein Gefühl von Schwere helfen kann – und unserer Autorin tatsächlich geholfen hat.

Mar 29, 2025 - 13:22
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Das Energiefass: Seit ich diese Regel befolge, fühlt sich mein Leben leichter an

Das Leben kann sich mitunter schwer und anstrengend anfühlen. Was laut der Psychologin Alexandra Zäuner gegen ein Gefühl von Schwere helfen kann – und unserer Autorin tatsächlich geholfen hat.

Anstrengende Phasen gehören zum Leben dazu. Umbrüche, Unklarheiten, zu viele Pflichten, lange, dunkle Winter – so etwas kann müde machen. Zum Glück ging bisher jede anstrengende Phase meines Lebens vorüber und ich konnte mich erholen und auf die nächste vorbereiten. Mal ging es schneller, mal dauerte es etwas länger. Aber wie geht das eigentlich, dieses Erholen?

Ein Gespräch mit der Psychologin Alexandra Zäuner hat mir vor einiger Zeit einen Ansatz geboten, der mir die Augen geöffnet hat. Seit besagtem Gespräch habe ich nämlich ein neues Verständnis von meinem Energiehaushalt und fühle mich oft schnell wieder leichter und weniger müde.

Das Energiefass und seine Risse

"Wenn es um unsere Ressourcen geht, können wir uns gut ein Fass vorstellen", erklärt die Psychologin. Dieses Fass, erklärt sie, enthält unsere Energie – ich sehe meine Energie in der Gestalt von Sand. Jeden Tag bekommt unser Fass Risse zugefügt, hat schon Risse vom Vortag, von der Vorwoche, dem Vorjahr: Konflikte mit anderen Menschen. Herausforderungen im Arbeitsalltag. Krankheiten. Existenzsorgen. Die Angst vor Ausgrenzung. Nachrichten aus einer kriselnden Welt. Durch all diese Risse entrinnt unser Sand, durch sie verlieren wir Energie.

Ein Stück weit können wir nun Schadensbegrenzung betreiben an den Rissen in unserem Fass: Wir können sie reparieren, wenn es geht. Zum Beispiel Krankheiten auskurieren. Oder Konflikte austragen und klären. Darüber hinaus können wir aufpassen, dass wir die Risse nicht selbst noch größer machen. Das tun wir typischerweise unbewusst durch bestimmte Glaubenssätze, erklärt Alexandra Zäuner. Überzeugungen wie "du bist sowieso nichts wert" oder "Respekt musst du dir durch Leistung verdienen" können unser Fass porös machen ebenso wie gewisse routinierte Verhaltensweisen, zum Beispiel ständiges Nachgeben, um Konflikte zu vermeiden, oder zu allem Ja sagen aus Angst vor Ablehnung. 

Solche strukturellen Probleme in unserem Fass zu bemerken, anzugehen und idealerweise zu beheben, ist wichtig und sinnvoll, und ich ahne, dass ich an einigen Stellen etwas auszubessern habe. Allerdings kann dieser Prozess langwierig sein und er kann uns niemals ganz davor bewahren, dass wir uns Risse einfangen und Sand verlieren: Denn Leben verbraucht Energie, selbst wenn wir das stabilste Fass haben, das es gibt. 

Wir müssen unser Fass selbst auffüllen

Aus diesem Grund sei es wichtig, dass wir uns nicht nur mit unseren Rissen beschäftigen – sondern auch darauf achten, stets genügend Sand nachzuladen. "Wir sind nicht wie Handys, die man über Nacht an eine Steckdose anschließt und die dann am nächsten Morgen wieder bei 100 Prozent sind", sagt Alexandra Zäuner, "wir müssen uns selbst um unsere Energie kümmern." Ob Treffen mit Freundinnen, Hobbys, ehrenamtliche Tätigkeiten, erfüllende Aufgaben oder Erfolge im Job – was uns Energie gibt, sei individuell, sagt die Psychologin. Die persönlichen Energiequellen zu kennen, sei daher eine entscheidende Voraussetzung für Resilienz. 

Meine Kraftquellen für mich zu klären, regelmäßig und gewissenhaft Sand nachzuladen, so erkenne ich heute, habe ich in anstrengenden Phasen so manches Mal vernachlässigt. Ich habe kaum darauf geachtet, was mir wie viel Energie gibt, und stattdessen stumpf meinen Alltag abgespielt. Der enthielt und enthält zwar stets ein paar Gewohnheiten, die starke Energiequellen für mich sind: Lesen, zum Beispiel, und Laufen. Doch es macht einen Unterschied, ob ich einer Tätigkeit aus purer Gewohnheit nachgehe oder ob ich mich bewusst dafür entscheide, weil ich spüre, dass sie mir guttut. 

Am Laufen lässt sich das gut illustrieren: Ich bin nicht jeden Tag gleich fit. Und manchmal habe ich nur wenig Zeit oder es ist windig und regnerisch. Von daher ist es in Bezug auf meinen Energiehaushalt kontraproduktiv, wenn ich einfach immer stur die gleiche Strecke im gleichen Tempo laufe. Ich muss eine Energiequelle – zum Beispiel das Laufen – bewusst als solche betrachten und sie so gestalten, dass sie ihren Zweck wirklich erfüllt. Sonst liefert sie keinen Sand in mein Fass, sondern reißt es eher noch mehr auf.

Ist ein volles Energiefass der Schlüssel zu einem glücklichen Leben?

Glaube ich nun, dass die Regel für ein leichtes, angenehmes Lebensgefühl so naheliegend und simpel ist? "Lade genug Energie nach, um auszugleichen, was du verbrauchst!" Nein, tue ich nicht. Es ist sicher nicht für jeden Menschen in jeder Situation die Lösung, sich bewusster darum zu kümmern, dass genügend Sand ins Fass rieselt. Oft lassen das die äußeren Umstände ja auch kaum zu. Nur hat es mir zuletzt sehr geholfen, mich mit meinem Energiehaushalt auseinanderzusetzen. Darauf zu achten, dass mich meine von mir selbst gewählte Lebensweise und meine Gewohnheiten aufladen, statt müde zu machen. Wann immer ich die Möglichkeit habe, zu etwas Nein zu sagen, das mich Kraft kostet, und stattdessen Sand nachzufüllen, tue ich es momentan und genieße jedes einzelne Mal. Schließlich weiß ich aus meiner Erfahrung: Es wird auch wieder Phasen geben, in denen das Fass schwerer zu befüllen ist.