"Iss doch noch was": Was ich von meiner Oma lernte – aber heute anders machen möchte

Großeltern können wahnsinnig inspirierend sein. Doch genauso, wie wir uns etwas von ihnen abschauen, gibt es auch Dinge, die wir in jedem Fall anders machen wollen. Für unsere Autorin sind es diese drei Gewohnheiten ihrer Oma.

Apr 7, 2025 - 07:14
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"Iss doch noch was": Was ich von meiner Oma lernte – aber heute anders machen möchte

Großeltern können wahnsinnig inspirierend sein. Doch genauso, wie wir uns etwas von ihnen abschauen, gibt es auch Dinge, die wir in jedem Fall anders machen wollen. Für unsere Autorin sind es diese drei Gewohnheiten ihrer Oma.

Ich war immer gerne bei meinen Großeltern, die zum Glück sehr nah an meinem Elternhaus wohnten. Es gab oft Hühnerfrikassee oder Käsenudeln, meine beiden Lieblingsessen als Kind. Der Naschischrank war voll mit Tafeln aus Vollmilch-Schokolade. Und statt nach der Schule Hausaufgaben zu machen, durfte ich auf dem Boden sitzend mit meiner Oma Blumen-Memory spielen.

Meine Oma hat mich schon immer inspirierend: Sie war gefühlt mein ganzes Leben lang schwer krank, blieb aber trotzdem (fast) immer stark, hatte für alle ein offenes Ohr und stets den perfekten Rat. Und irgendwie schaffte sie es nebenbei auch noch, mit dem manchmal doch sehr sturem Kopf meines Opas umzugehen. Doch genauso, wie ich viel von ihr gelernt habe, lebte sie mir auch Dinge vor, die heute nicht mit meinen Vorstellungen übereinkommen. 

Was ich anders als meine Oma machen möchte

1. Ich möchte akzeptieren, wenn jemand "Nein" sagt

Meine Oma war hervorragend darin, Menschen noch etwas anzudrehen, auch wenn sie "Nein" gesagt haben. "Iss doch noch was", war wohl ihr liebster Satz beim Essen, nachdem ich schon meine Portion und einen Teil ihrer gegessen habe. Dass ich keinen Hunger mehr hatte, galt für sie nicht. Wahrscheinlich, weil sie zu Kriegszeiten aufwuchs und ihr beigebracht wurde, immer alles zu essen, was es gerade gab. Aber sie hörte auch nicht auf ein "Nein", wenn ich sagte, ich möchte keine Begleitung auf dem nur zehnminütigen Fahrradweg nach Hause. Natürlich nicht als Kleinkind, sondern als ich schon in der Lage war, dass ich das sicher konnte. Das möchte ich heute anders machen – denn es fällt vielen ohnehin schon schwer, dieses Wort oft genug zu gebrauchen. Wird ein "Nein" dann auch noch übergangen, ist das kein gutes und bestärkendes Gefühl.

2. Ich möchte mehr auf mich selbst achten

Ich kenne kaum jemanden, der so aufopferungsvoll ist, wie meine Oma es war. Sie hatte eigentlich genug mit sich selbst zu tun, und trotzdem noch versucht, es allen Recht zu machen. Sicherlich keine schlechte Eigenschaft. Doch in dem Ausmaß möchte ich ihr nicht nacheifern. Ich möchte vielmehr versuchen, auch auf mich selbst zu achten, meine Bedürfnisse und Wünsche zu hören und umzusetzen. Ich bin mir sicher, dass beides gelingen kann. Und es ist okay, wenn ich den Fokus mal auf mich selbst richte.

3. Ich möchte selbstbestimmter leben

Natürlich war es eine andere Zeit, in der meine Oma großgeworden ist. Eine Zeit, in der noch strenger an klassischer Rollenverteilung festgehalten wurde als heute. Sie hatte zum Beispiel keinen Führerschein, nahm aber auch nie den Bus, stattdessen ließ sie sich von meinem Opa überall hinfahren. Sie hat zwar nebenbei etwas gearbeitet, doch im Vordergrund standen eher die Kinder, der Haushalt, das Kochen. Alles Technische, Verträge und die Finanzen lagen in den Händen meines Opas. Sie war gerne zu Hause und wollte keinen Führerschein machen, erzählte sie mir mal. So sehr ich mir auch wünsche, irgendwann wie sie Goldene Hochzeit zu feiern, nicht durch den Regen zum Bus laufen zu müssen oder noch mehr Zeit in Warteschlangen wegen eines Vertrags zu verbringen, fühle ich mich trotzdem sicherer und besser, wenn ich etwas selbstbestimmter und freier lebe, als es meine Oma mir gezeigt hat.