Lynda Dawn – „11th Hour“: Zwischen zarter Nostalgie und neuer Stärke
Mit ihrer Debüt-EP „At First Light“ präsentierte sich Lynda Dawn 2019 als vielversprechende Newcomerin im Neo-Soul-Kosmos. Doch die Pandemie bremste ihren kreativen Schwung aus – zumindest vorübergehend. Statt sich entmutigen zu lassen, entschied sie sich für eine Neuorientierung und absolvierte ein Musikproduktionsstudium. Das Ergebnis dieser intensiven Phase der Selbstfindung ist nun 11th Hour – eine EP, welche die Entwicklung von... Weiterlesen

Mit ihrer Debüt-EP „At First Light“ präsentierte sich Lynda Dawn 2019 als vielversprechende Newcomerin im Neo-Soul-Kosmos. Doch die Pandemie bremste ihren kreativen Schwung aus – zumindest vorübergehend. Statt sich entmutigen zu lassen, entschied sie sich für eine Neuorientierung und absolvierte ein Musikproduktionsstudium. Das Ergebnis dieser intensiven Phase der Selbstfindung ist nun 11th Hour – eine EP, welche die Entwicklung von Lynda Dawn eindrucksvoll dokumentiert und klanglich neue Maßstäbe setzt.
Organisch statt retro-futuristisch
Während sich „At First Light“ noch stark an den elektro-funkigen Synth-Sounds der 1980er orientierte, wendet sich 11th Hour nun einem viel wärmeren, organischeren Sound zu. Lynda Dawn schöpft aus der goldenen Ära des Soul – denkt man an Minnie Riperton, Roy Ayers oder Charles Stepney, liegt man goldrichtig. Doch anstatt in nostalgischem Retro-Sound zu versinken, erschafft sie etwas Eigenständiges: ein modernes Soul-Werk, das seine Einflüsse zitiert, ohne sich je darin zu verlieren.
Lynda Dawn x 11th Hour – Ein Auftakt mit Signalwirkung
Der Opener erzeugt zunächst eine leicht verzerrte, elektronische Klangfläche – ein bewusst gesetzter Kontrast, der die Brücke vom Vergangenen zum Jetzt schlägt. Ähnlich wie Erykah Badu auf New Amerykah Pt. 2 setzt Dawn hier ein akustisches Statement: Von nun an wird es organisch. Cosmic Symphony folgt als klanggewaltiges Manifest. Wah-Wah-Gitarren, Congas, dichte Vocal-Layer – ein souliges Kaleidoskop, das Lust auf mehr macht.
Fünf Songs, fünf Stimmungen
Jeder der fünf Tracks bietet ein eigenes Klanguniversum. Where You Are groovt auf laszive Weise dahin – ein Midtempo-Funkstück, das zugleich entspannt und betörend wirkt. Play Fair hüllt die Hörenden in ein traumhaftes Arrangement aus Harfen- und Streicherakzenten. Love Is Callin’ bringt mehr Punch ins Rhythmusfundament und klingt dadurch etwas zeitgenössischer. Do You Dream macht seinem Titel alle Ehre: Der Song fließt gemächlich, fast schwebend, durch eine verträumte Klanglandschaft.
Und schließlich der Titeltrack 11th Hour: Hier spielt Lynda Dawn mit überraschenden Rap-Anleihen, die an Millie Jackson oder frühen Michael Jackson erinnern – aber in einer samtigen, modernen Variante.
Lynda Dawn x 11th Hour – Das Herzstück: Ihre Stimme
Was alle Tracks vereint, ist Lynda Dawns Stimme. Zart und doch präsent, beweglich und immer auf den Punkt, schafft sie es, jedes Arrangement in emotionale Tiefe zu tauchen. Ihre Background-Vocals sind meisterlich geschichtet, bilden Kuppeln aus Harmonie, steigen empor und stürzen sich wieder hinab – fast wie ein choreografierter Tanz im Raum.
Die Lead-Vocals verschmelzen dabei mühelos mit den Backings, übernehmen wechselweise die Führung oder treten einen Schritt zurück. Dieses vokale Feingefühl zieht sich wie ein roter Faden durch die EP – und macht 11th Hour zu einem ganz besonderen Hörerlebnis.
Fazit: Ein Kleinod für die Seele
11th Hour ist mehr als ein stilistischer Sprung nach vorn – es ist ein Zeugnis von künstlerischem Wachstum, emotionaler Reife und musikalischer Finesse. Wer sich die Zeit nimmt, in diese EP einzutauchen, wird mit einem warmen, intimen Soul-Erlebnis belohnt, das noch lange nachhallt. Da hat Lynda Dawn mit 11th Hour nicht nur ihre erste EP übertroffen – sie hat ein kleines Meisterwerk geschaffen.
Lynda Dawn – „11th Hour“ // Bandcamp Stream:
Lynda Dawn – „11th Hour“ // Spotify Stream: