Ist der Muttertag noch zeitgemäß?: Mit ein paar Blumen lassen wir uns nicht kaufen. Oder etwa doch?

Seit gut 100 Jahren feiern wir Muttertag. Aber ist das eigentlich noch zeitgemäß? 

May 7, 2025 - 14:03
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Ist der Muttertag noch zeitgemäß?: Mit ein paar Blumen lassen wir uns nicht kaufen. Oder etwa doch?

Seit gut 100 Jahren feiern wir Muttertag. Aber ist das eigentlich noch zeitgemäß? 

Ihr habt ja recht: Nichts als Konsum, dieser ganze Blumen-Bohei an Muttertag. Schließlich gibt es diesen Tag nur, weil findige Florist:innen die Muttertagsidee vor rund 100 Jahren aus den USA importierten, um ihre Profite zu steigern. Andererseits sieht das an christlichen Feiertagen wie Weihnachten kaum anders aus. Einige von uns bekommen sogar ein extra Monatsgehalt, um Geschenke zu kaufen beziehungsweise "anlassbezogene Umsätze zu generieren", wie es im Wirtschaftssprech heißt. So weit, so Kapitalismus. Viel wichtiger beim Muttertag aber ist doch die Frage: Ist es eigentlich eine gute Idee, sich einmal im Jahr für die ganze Care-Arbeit, die wir leisten, mit einem Büschel Blumen abspeisen zu lassen?

Es fühlt sich an wie Gesehenwerden

Natürlich nicht. So leicht lassen wir uns nicht kaufen. Oder etwa doch? Als mein 18-Jähriger an einem Maisonntag vor zwei Jahren die Vase mit den Blumen unter seinem Schreibtisch hervorzog, wo er sie vor mir versteckt hatte, war ich überglücklich. Es waren die ersten Blumen, die er aus eigenem Antrieb von seinem Geld gekauft hatte. Und es fühlte sich an wie eine lang ersehnte Anerkennung, ein Gesehenwerden.

Denn das macht das ganze Kümmern, Erziehen, Putzen und Kochen neben dem Job doch doppelt mühsam: dass niemand es sieht, geschweige denn honoriert oder vergütet. Es ist einfach immer noch so normal, dass wir Frauen (angeblich) für die Care-Arbeit zuständig sind. Und nun stand da das Kind, das ich großgezogen hatte, mit Blumen vor mir und schien zu sagen: "Danke, Mama, ich weiß es zu schätzen, dass du für mich da bist." Gänsehaut.

Ein Teil von mir weiß natürlich, dass das Quatsch ist. Er hat die Blumen gekauft, weil er wusste: Ich sollte Mama zum Muttertag etwas schenken. Das lernen die Kleinen schon in der Kita, wo sie, sobald sie sitzen und einen Stift halten können, bunte Bilder für uns malen. Ein anderer Teil von mir weiß auch, dass die Nationalsozialisten den Tag für ihre Zwecke instrumentalisiert haben. Kaum an der Macht, machten sie den zweiten Sonntag im Mai zum "Ehrentag der deutschen Mutter", an dem "arische" Frauen ausgezeichnet wurden, die besonders viel Nachwuchs produzierten.

Was Mütter wirklich brauchen

Trotzdem hoffe ich, dass ich auch dieses Jahr wieder Blumen bekomme. Weil das so ein schöner Moment ist. Weil es zeigt, dass mein Sohn an mich denkt. Weil er etwas von seinem Geld investiert, um mir eine Freude zu machen. Besser in mich als in Bier, finde ich.

Und sollten die Blumen dieses Jahr ausfallen, dann bestimmt nur, weil er heute mit 20 weiß: Der Muttertag ist so was von vorgestern. Denn was Mütter statt Blumen brauchen, ist Gleichberechtigung zu Hause und im Job, eine verlässliche Kinderbetreuung und trotz der ganzen unbezahlten Familienarbeit ausreichend Geld, um klarzukommen – auch im Alter, wenn die Kinder längst über alle Berge sind.