Schwangerschaftstests: Dreimal die Hosen gestrichen voll

Mit zu den traumatischsten Ereignissen in meinem Leben gehörten ganz klar die drei Schwangerschaftstests, die ich miterleben musste. Die Stunden des Wartens auf das Ergebnis. Die Horrorvorstellung, dass sich in meinem Leben nun alles verändern und mehr als 800% stressiger werden würde. Dass man dann auch noch für ein weiteres Leben verantwortlich wäre – zu dieser Zeit, in dieser Welt?!... Weiterlesen

Mar 24, 2025 - 15:30
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Schwangerschaftstests: Dreimal die Hosen gestrichen voll

Schwangerschaftstests

Mit zu den traumatischsten Ereignissen in meinem Leben gehörten ganz klar die drei Schwangerschaftstests, die ich miterleben musste. Die Stunden des Wartens auf das Ergebnis. Die Horrorvorstellung, dass sich in meinem Leben nun alles verändern und mehr als 800% stressiger werden würde. Dass man dann auch noch für ein weiteres Leben verantwortlich wäre – zu dieser Zeit, in dieser Welt?! Absolut nicht auszuhalten. Das kann ich nicht, darin war ich nie gut, das sollen bitte andere machen, ich möchte das nicht.

Nichts gegen Nutella-Finger im eigenen Gesicht oder an frisch gestrichenen Wänden/am Designer-Mobiliar oder dem Plattenspieler. Nichts gegen Kinderkrankheiten und dass man jede aus der Kita mitgebrachte Krankheit auf jeden Fall selbst auch bekommt (immer mit schwererem Verlauf als bei den Kindern selbst). Nichts gegen die 750€, die ein Kind pro Monat kostet (das wären im Triple-Fall dann 750×3, also 2.250/Monat und 27.000€/Jahr – ich hätte deutlich weniger Vinyls!). Nichts gegen die Eingeschränktheit, dass man nicht einfach mal entspannt in den Urlaub fliegen oder spontan mal feiern gehen kann. Das ist es alles nicht. Mein größtes Problem ist, dass ich am liebsten das mache, was auch immer ich möchte, die ganze Zeit. Und so wie ich das beobachtet habe, geht das dann nicht mehr.

Test Nummer 1: Claudia

Bei meinem allerersten Schwangerschaftstest (haha) war ich sehr jung, ich lebte sogar noch zuhause. Mettenhof, Osloring 39 (Plattenbau), zweiter Stock links, 12qm Kinderzimmer. Ich hatte keine wirkliche Beziehung mit Claudia, es war eher so eine Fridays For Fummeln-Geschichte. Halt dass man an den Wochenenden nicht so alleine war. Es gab nie viel zu besprechen und das beinhaltete natürlich insbesondere die Familienplanung. Film Peter & Fummeln war das Netflix & Chill der frühen 90er Jahre und als Claudias Periode bereits 10 Tage überfällig war, kratzte ich mein letztes Taschengeld zusammen und kaufe den Test in der Apotheke im MEZ, für damals 12 D-Mark. Der Test wurde dann auch am Freitag Abend direkt im Badezimmer der elterlichen Wohnung gemacht. Er war negativ und ich weiß gar nicht mehr, was schneller einsetzte – meine Erleichterung oder (dann doch) Claudias Tage.

Alles ein bockloser Kompromismus

Die nächste Nummer war dann etwas brenzliger, weil sich die entsprechende Beziehung auch schon auf der Schlussgeraden befand. Ihr wisst ja, nach 9-12 Monaten lassen die Liebeshormone nach und spätestens nach 2 Jahren ist es dann nur noch ein Aushalten. Ein komplett bockloser, beidseitiger Kompromismus setzt ein und das Zusammenleben fühlt sich an, als lebe löbe man mit einem Geschwisterteil in einer viel zu kleinen WG zusammen. In den lokalen Chiringuitos beobachte ich immer Paare, die diese 24 Monate offenbar schon absolviert haben. Dieser mentale Knast, diese Maskerade, nur um von Eltern & Gesellschaft, die man verachtet, nicht verachtet zu werden. Und dann schön Pauschalurlaub, 10 Tage viel fressen, viel saufen, keine echten Gespräche und 10 Stunden Bildschirmzeit/Tag. Dann zurück in die Festanstellung; ich weiß gerade gar nicht, was schlimmer ist. Siebziger Jahre Werbung: „Ich trinke Jägermeister, weil Work & Life beides beschissen ist“, naja.

Jedenfalls hatte sie mir versprochen, nicht schwanger werden zu können. Zumindest nicht auf natürlichem Wege. Das sei zu 100% sicher und ich glaubte ihr. Der erste Test war dann leider nicht ganz eindeutig, was meine Angst in dem Moment um ein Vielfaches steigerte. Wenn jetzt alles schief läuft, dann sitze ich demnächst zu dritt auf der weißen Ledercouch in meiner Kieler Wohnung und guck Kinderkanal statt WordCup. Noch früheres Aufstehen und überall riecht es nach Babyshmitt?! Und wo zur Hölle soll ich die 9k/Jahr (in 25 Jahren sind das 225k) hernehmen?! Im zweiten Anlauf klappte es dann, der Test war negativ und ich überlegte wirklich, jetzt endlich die verdammte Vasektomie machen zu lassen. Sicherheitshalber machte ich dann aber erst einmal etwas Anderes: Schluss. War ohnehin längst überfällig.

„Ich bin schwanger!“

Der dritte (und vorerst letzte) Schwangerschaftstest ist noch gar nicht allzu lange her. Es war wieder eher eine Affaire als eine Beziehung, wir kannten uns ein paar Wochen und ich war gerade frisch in meine neue Wohnung gezogen. Sie half mir beim Einziehen, schleppte Kisten und Möbel und telefonierte viel mit ihrer Mutter in Nigeria. Sie kochte und tanzte und war voller Energie. Und sie hasste Kondome, eine weitere Gemeinsamkeit. Passt man da halt ein bisschen auf, das hat doch sonst auch immer geklappt. Das wollte ich auch noch glauben, als sie mir an einem Freitag erzählte, dass sie „eine Veränderung in ihrem Körper feststellen würde“ und auch ihre Periode sei längst überfällig. Und da kann man sich normalerweise zu 100% drauf verlassen. Schon wieder diese Panik.

Ich besorgte erneut einen Schwangerschaftstest und brachte ihr diesen sogar bei der Arbeit vorbei. Ich bat sie, den Test so schnell wie möglich zu machen und mich dann entsprechend zu informieren, was leider nicht klappte. Sie rief mich am Abend an und hatte nicht nur die Sache mit dem Test, sie hatte den Test himself vergessen, bei der Arbeit. Und nun hätte die Apotheke auch schon zu, so ein Ärger. Aber dann halt Montag, hm?! Na gut. Ich bat sie am Vorabend erneut, den Test so schnell es geht zu machen und mich dann zu informieren. Selbst wenn es vor meiner Aufstehzeit um halb zehn sein sollte, ich würde da ob der Wichtigkeit dieser Situation tatsächlich eine Ausnahme machen.

Der Anruf weckte mich dann wirklich und es waren keine guten Nachrichten: „Ich bin schwanger!“. Mein gesamtes Leben zog innerhalb von 3 Sekunden an meinem inneren Auge vorbei. Das wars dann jetzt wohl. Ein Kind mit der nigerianischen Fitnesstrainerin, die ich jetzt seit 6 Wochen kenne. Hochzeit dann im Mai, die Konversion zum strengen katholischen Glauben inklusive. Ich überlegte gerade, welches Organ ich als erste spenden müsste, um mir diese Sache leisten zu können, als sie den Prank aufklärte: „Haha, keine Sorge, natürlich nicht!“, sie lachte herzhaft. An sich bin ich ja immer für gute Gags zu haben, aber hier?! Zwei Wochen später war es dann auch vorbei und mein befreites Aufatmen dürfte bis in chinesische Labore vorgedrungen sein, jedenfalls brach dann eine kurze Zeit später eine Virus-Pandemie aus. Und ich saß kinderlos und glücklich vor dem Fernseher, als der erste Lockdown verkündet wurde – das war knapp.