Meno-Pause: Gibt es dafür vielleicht auch etwas Pflanzliches?

Je mehr Julia über die Wechseljahre erfährt, desto mehr Fragen tun sich für sie auf. Irgendwann ist sie dran, das weiß sie. Bei der Kaffeepause fragt sie also wieder einmal jemanden, der sich damit auskennt: ihre Kollegin Andrea. Diesmal geht es um Behandlungsoptionen aus der Natur.

May 3, 2025 - 18:55
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Meno-Pause: Gibt es dafür vielleicht auch etwas Pflanzliches?

Je mehr Julia über die Wechseljahre erfährt, desto mehr Fragen tun sich für sie auf. Irgendwann ist sie dran, das weiß sie. Bei der Kaffeepause fragt sie also wieder einmal jemanden, der sich damit auskennt: ihre Kollegin Andrea. Diesmal geht es um Behandlungsoptionen aus der Natur.

Julia: Wir haben ja schon über die Hormonbehandlung gesprochen. Was ich dich noch fragen wollte: Wenn mir die Wechseljahre zu schaffen machen, gäbe es da vielleicht auch etwas Pflanzliches, mit dem ich es erstmal versuchen könnte?

Andrea: Ja, klar. Es kommt immer darauf an, wie schwer die Symptome ausgeprägt sind. Pflanzliche Mittel wirken nachweislich, allerdings ein wenig schwächer als die Hormontherapie.

Julia: Für den Anfang also ruhig erstmal ein Teechen aufbrühen?

Andrea: Na, ich würde dann schon eher auf pflanzliche Arzneimittel setzen. Ein paar stehen sogar ganz offiziell als Behandlungsoption in den Leitlinien der gynäkologischen Fachgesellschaften. Und das passiert nur, wenn ein möglicher Nutzen bescheinigt werden konnte.

Julia: Aber die Wirkung ist ja etwas schwächer als bei Hormonen. Kann ich dann nicht einfach die Dosis erhöhen, wenn es mir nicht reicht? 

Andrea: Oh, nein! Damit erhöhst du aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die erwünschte Wirkung, möglicherweise aber Nebenwirkungen. Das würde ich unbedingt sein lassen! Nur weil etwas pflanzlich ist, heißt es nicht automatisch, dass es harmlos ist. Pflanzen können ja auch hochgiftige Substanzen enthalten.

Julia: Okay, verstanden. Zurück zu den Heilpflanzen. Was wirkt denn da?

Andrea: Die Beschwerden in den Wechseljahren werden ja hauptsächlich durch schwankende Hormonspiegel ausgelöst. Da können sogenannte Phytoöstrogene regulierend helfen.

Julia: Phytoöstrogene, heißt das pflanzliche Hormone?  

Andrea: So ungefähr. Es sind keine wirklichen Hormone. Die Pflanzenstoffe, zum Beispiel Isoflavone, binden aber an den gleichen Rezeptoren wie Östrogene und lösen deshalb eine hormonähnliche Wirkung aus. Sie gaukeln also vor, ein Östrogen zu sein. Nur eben pflanzlich.

Julia: Die tun nur so, als wären sie Östrogen?

Andrea: Genau.

Julia: Raffiniert. Welche Pflanzen sind das?

Andrea: Zum Beispiel Soja, Rotklee oder Sibirischer Rhabarber.

Julia: Rhabarber, lecker! Da fällt mir sofort der Kuchen meiner Oma ein. Den gibt es ja bald wieder!

Andrea: Kuchen gegen Hitzewallungen – das wär’s, oder? Nur muss ich dich leider enttäuschen. Die Wirkung bringt ein Extrakt aus der Wurzel des Sibirischen oder Rhapontik-Rhabarber, nicht die roten Stangen aus dem Garten.  

Julia: Schade. 

Andrea: Aber Präparate mit diesen Phytohormonen können die typischen Hitzewallungen und Nachtschweiß lindern, die häufigsten Merkmale der Wechseljahre. Auch bei Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen können sie eingesetzt werden. Übrigens ebenso der Extrakt aus Traubensilberkerze, botanisch Cimicifuga. Das ist die wohl bekannteste und auch am besten untersuchte Heilpflanze für die Wechseljahre. Die wird inzwischen nicht mehr als Phytoöstrogen, sondern als Phyto-SERM klassifiziert

Julia: Ein was, bitte?

Andrea: Phyto-SERM. Das SERM steht für selektive Estrogen-Rezeptor Modulatoren. Neuester Stand der Wissenschaft ist, der moduliert den Östrogenrezeptor und ruft deshalb eine östrogenähnliche Wirkung hervor.

Julia: Das ist mir jetzt zu kompliziert.

Andrea: Ja, ist vielleicht ein bisschen spitzfindig. Was du dir merken kannst: Bei Hitzewallungen, Schlafstörungen und auch seelischen Problemen in den Wechseljahren empfiehlt die Leitlinie alternativ zur Hormonersatztherapie Cimicifuga, Phytoöstrogene oder Johanniskraut.

Julia: Johanniskraut, das hilft doch bei leichten Depressionen, oder?

Andrea: Und es kann auch bei vasomotorischen Beschwerden wie Hitzewallungen helfen.

Julia: Kennst du noch mehr pflanzliche Mittel, die bei anderen Beschwerden in den Wechseljahren eingenommen werden können?

Andrea: Wir hatten ja eben schon den Bereich Schlaf und Psyche. Da eignet sich neben Johanniskraut zum Beispiel auch Baldrian, Hopfen oder Melisse. Und bei Gelenkschmerzen in den Wechseljahren: Teufelskralle.

Julia: Und die gibt es alle in der Apotheke?

Andrea: Du kannst vieles natürlich auch bei Online-Shops bekommen, vermutlich sogar billiger. Aber Fachleute weisen unisono immer wieder darauf hin, dass du dich dann nicht unbedingt auf gleichbleibende Qualität und Dosierung verlassen kannst. Wenn du ein Präparat in der Apotheke kaufst, ist da aber gesichert auch das drin, was draufsteht und bei dem für die Zulassung auch ein entsprechender Effekt nachgewiesen werden musste. Ich kann dir zwei Folgen unseres MENO AN MICH-Podcast empfehlen. Da erklärt Dr. Susan Zeun, die eine ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet ist, das alles noch viel genauer.

Julia: Wie ist es mit Mönchspfeffer?

Andrea: Gut, dass du den erwähnst. Das ist ja ein klassisches pflanzliches Frauenmittel, zum Beispiel bei Menstruationsbeschwerden oder PMS. Und bei vielen Frauen wird die Regel total unregelmäßig zu Beginn der hormonellen Umstellung. Mönchspfeffer in den Wechseljahren passt also.

Julia: Du nanntest vorhin Soja. Das kann ich ja auch essen.

Andrea: Stimmt. Isoflavone stecken in Soja und Sojaprodukten, aber zum Beispiel auch in Leinsamen. Susan Zeun sagt im Podcast, wenn man nicht gerade jeden Tag einen Liter Sojadrink oder ein halbes Kilo Tofu zu sich nimmt, ist mit Soja kein pharmakologischer Effekt zu erzielen. Anders sieht es mit Leinsamen aus. Da reichen 5-15 Gramm gequetschte Leinsamen, nicht geschrotet, und immer mindestens die zehnfache Menge Wasser dazu trinken, weil die noch aufquellen.

Julia: Sag mal, hast du persönlich denn Erfahrungen mit diesen Mitteln gemacht? Ich denke ja oft insgeheim, das bringt ja doch nichts.

Andrea: Als ich mit Hitzewallungen zu tun hatte, hat mir tatsächlich ein Mittel mit Rhapontik-Rhabarber geholfen. Traubensilberkerze habe ich selbst nicht ausprobiert, aber ich weiß von Freundinnen, die damit gut zurechtkamen.

Julia: Ach, interessant. Eine letzte Frage noch: Wenn die Substanzen über die Östrogen-Rezeptoren wirken, dann kommen sie für Frauen mit Brustkrebs also auch nicht infrage?

Andrea: Da ist die Studienlage nicht ganz eindeutig. Grundsätzlich müssen ja bei jeder Behandlung immer Nutzen und Risiko gegeneinander abgewogen werden. Sprich deshalb mit deiner Gynäkologin darüber, bevor du pflanzliche Mittel einnimmst, die du ja verschreibungsfrei in der Apotheke bekommst.