Sizilien (1): Wo gehts denn hier zum Aetna?
März/April waren wir für 12 Tage -erstmals- in Sizilien unterwegs. Mit einer deutschen Reisegruppe. Orchideen waren das primäre Reisethema. 16 Hummeln auf Ochideenhopping. Angeführt von der sizilianischen Orchideenkoryphäe Antoine Giardina (Verfasser des Buches „Parco delle Madonie – le orchidee“) und dem deutschen Pflanzen- und Orchideenkenner Volker Violet. Neben den Orchideen besichtigten wir en passant ein … Sizilien (1): Wo gehts denn hier zum Aetna? weiterlesen →

März/April waren wir für 12 Tage -erstmals- in Sizilien unterwegs. Mit einer deutschen Reisegruppe. Orchideen waren das primäre Reisethema. 16 Hummeln auf Ochideenhopping. Angeführt von der sizilianischen Orchideenkoryphäe Antoine Giardina (Verfasser des Buches „Parco delle Madonie – le orchidee“) und dem deutschen Pflanzen- und Orchideenkenner Volker Violet. Neben den Orchideen besichtigten wir en passant ein paar kulturelle Schätze. Leider spielte das Wetter nicht mit. Schade, dass die sizilianische Küche kein Programmpunkt war. Meist lieblose Hotelküche, oft auf dem Niveau von Mirácoli. Immerhin lernte ich auf dieser Reise, wie ein Lidl von innen aussieht.
Die ersten 2 Tage waren wir in Linguaglossa stationiert, am nördlichen Fuss des Aetna. Ein Ausflug führte uns in einen orchideenreichen Park bei Roccella Valdemone. Regen, Nebel. Kälte. Nasse Orchideen.

In einer weiteren Exkursion besuchten wir die geologisch interessante, rund 20 Meter tiefe Alcantara Schlucht. Vor einigen tausend Jahren wurde das Flussbett durch einen Lavastrom eines Nebenkraters des Aetna bei Mojo Alcantara blockiert. Spätere Erdbeben führten zu Rissen in der Lava, durch die sich der Fluss seinen Weg bahnte und die sehenswerten Gesteinsformationen der Schlucht „Gole dell’ Alcantara“ freilegte.
Die prismenförmige Basaltsäulen entstehen beim langsamen Erstarrungsprozess der Lava um die 850 °C.

Leider befindet sich der Naturpark in Hand einer privaten Gesellschaft, die die Schönheit der Schlucht zu einem kleinen Natur&Geologie-Disneyland ausbauen will.

Zum Abendessen ein vorzüglicher Etna rosso: der Vulkà von Nicosia

Zweiter Tag: Regen. Nebel. Vom Aetna nichts zu sehen. Durch Waldgebiete mit Eichen, Buchen, Kastanien und Schwarzkiefern. Ab 1600 Höhenmetern reduziert sich die Vegetation auf Buschwerk, den Aetna-Ginster, Flechten und die endemische Aetnabirke. Noch höher waren wir nicht: dicker Nebel, Flechten und Moose.
Im Bild Schwarzkiefern (Pinus nigra) und die stachligen Kissen des Tragant (Astragalus siculus). Hier wanderten wir mit einem kundigen, vulkanologischen Aetna-Guide entlang des Sartoriuskegels. Wunderbar weich, federnd und knirschend die schwarze Lava-Asche. Traumhaft der Nebel: „Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein“. (H.H.)

Die Aetnabirke (Betula aetnensis) kann im Gegensatz zur normalen Birke mehrere Stämme haben und erreicht eine Höhe von bis zu 15 Metern.
Sie entstand während der letzten Eiszeit (Würm) und breitete sich auch nach Sizilien aus. Nach dem Ende der Eiszeit zog sie sich in den kühleren Norden zurück, nur am Aetna blieb, auf Grund des kühlen und regenreichen Höhen-Klimas, ein Restbestand erhalten. Dieser passte sich an die lokalen Bedingungen auf einem Vulkan an und entwickelte sich anders weiter als seine Verwandten im Norden. Wurde endemisch. Doch ihre Tage in Sizilien sind gezählt. Aufgrund der Klimaerwärmung befällt ein sonst in Symbiose lebender Pilz ihre flachen Wurzeln. Reihenweise kippen die geschwächten Stämme um.


Zum Abschluss ein späleologischer Besuch einer sekundären Lavahöhle. Die meisten dieser -rund 200- Grotten des Aetna sind aus fliessender Lava entstanden. Wenn sich ein zu Tal fliessender Lavastrom an seiner Aussenseite durch die Luft abkühlt und verfestigt, bildet sich eine Röhre, durch welche die Lava im Inneren des Stroms mit rund 1000 °C weiterfliesst. Fliesst kein neues Material mehr nach, läuft die Röhre leer (wie ein sich entleerender Wasserschlauch) und es bleibt ein Hohlraum zurück. In den begehbaren Grotten wurde in früheren Jahrhunderten Schnee eingelagert und festgestampft. Durch Regen und Feuchtigkeit gefror der Schnee zu Eis. Für den Verkauf wurde das Eis in Blöcke geschnitten, in Farnblätter eingewickelt und in Hanfsäcke verpackt, abtransportiert und in ganz Sizilien verkauft. Zunächst diente es als Kühlmittel
Die Araber, die von 831 bis 1091 auf Sizilien herrschten, waren es, die das Eis mit Honig und Zitronensaft mischten und so wohl die spätere Granita erfunden haben. Eis, ein Luxusprodukt, bis zur Erfindung der Kältemaschine.
Mit Taschenlampen und Helm in der Grotta delle Neve unterwegs

Und auf steilen Wegen wieder in den Nebel.

Letztlich zeigte sich der Vulkan doch noch:
Auf einem Werbe-Plakat im Flughafen von Catania.
