Journal Samstag, 12. April 2025 – Kurze Haare, neue Wanderroute von Herrsching nach Tutzing, Nachdenken über Brotzeitbrettl

Nicht ganz so gut geschlafen wie erhofft (der Alkohol), vom Wecker geweckt, weil ich ja morgens den ersehnten Friseurtermin hatte. Gegen das Kater-Kopfweh nahm ich eine Ibu, nach Bloggen und Morgenkaffee spazierte ich zum Haareschneiden durch die Morgensonne. Ich war die erste Kundin des Tages und bat auf Herrn Haarschneiders “Und was kann ich heute […]

Apr 13, 2025 - 10:31
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Journal Samstag, 12. April 2025 – Kurze Haare, neue Wanderroute von Herrsching nach Tutzing, Nachdenken über Brotzeitbrettl

Nicht ganz so gut geschlafen wie erhofft (der Alkohol), vom Wecker geweckt, weil ich ja morgens den ersehnten Friseurtermin hatte.

Gegen das Kater-Kopfweh nahm ich eine Ibu, nach Bloggen und Morgenkaffee spazierte ich zum Haareschneiden durch die Morgensonne.

Ich war die erste Kundin des Tages und bat auf Herrn Haarschneiders “Und was kann ich heute für Sie tun?”1 nach den fehlgeleiteten Sperenzchen mit “Ach, warum nicht mal ein bissen länger?” um einen sehr kurzen Schnitt, hielt ihm als Vorbild ein Berufs-Portrait von vor vier Jahren hin.

Weißer Friseurstuhl von hinen, auf dem weißen Marmorboden drumrum viel weißes und graues Haar, im Spiegel davor spiegel sie die fotografierende Frau mit kurzem Haar

So kam ordentlich was runter, wie so oft beim Friseur dachte ich abschließend:

Selfie-Porträt einer Frau mit weißen, kurzen Haaren und Brille an einer Altstadttraße

“Jetz kon i wieda nei in’d menschliche Zivilisation” – Generation Gerhard Polt beschreibt mich deutlich treffender als X.

Daheim Packen für die geplante Wanderung mit Herrn Kaltmamsell: Wir wollte nach dem Frühling zwischen Ammersee und Starnberger See schauen, diesmal auf einer zum größten Teil neuen Route. Von Herrsching am Ammersee gingen wir nach Andechs erstmal den See entlang, diesen Weg mag ich besonders. Dann aber anders als sonst von Andechs nach Tutzing über Machtlfing und Traubing. Erwies sich als durchaus schöner Weg, wenn auch mit deutlich höherem Anteil an asphaltierten Wegen (= Radler*innen in allen Tempi) als die vertrautere Route.

Anreise per S-Bahn mit Umsteigen in Pasing, am Wochenende wird an der Stammstrecke gearbeitet. Im sonnigen Herrsching gab es erstmal Mittagscappuccino und Brotzeiteinkauf in einer Filiale der regionalen Bäckerei Kasprowicz, die ich in den vergangenen Jahren sehr zu schätzen gelernt habe. Und dann wanderten wir los, fanden diesmal sogar die Abzweigung nach Andechs mit dem schöneren Weg, die ich sonst immer nur in Gegenrichtung erwische.

Kurz vor der Wallfahrtskirche bogen wir aber schon nach Erling ab, nahmen an dessen Ende die Abzweigung ins Neue. Wir fühlten uns beide körperlich gut, genossen den grünen Schleier über den Bäumen und die vielen Frühlingsblumen in der Sonne – allerdings in einer Wärme, die für April und zum Stand der Botanik nicht wirklich passte. Es war auch sehr trocken: Jedes überholende Auto oder landwirtschaftliche Gefährt hüllte uns in eine Staubwolke.

Sonnige Uferpromenade an See, rechts Seeufer mit einem alten Bootshaus, auf der Promenade Menschen zu Fuß und Fahrrad schiebend, im Hintergrund eine große Weide mit grünem Hauch

Es war natürlich viel los auf der Strecke, schon hier am Ammersee.

Blick durch ergrünende Büsche einen Pfad entlang zum Strand und auf blauen See, darüber blauer Himmel

Im Sonnenlicht Blick über grüne Wiese, ein Tal mit Häusern auf Hügel mit kahlen Bäumen, auf dem eine mächtige barocke Wallfahrtskirche thront, dahinter blauer Himmel

Blick von Brücke hinunter auf sonnenglitzerndes schmales Bachtal mit Wehrmauern

Beginnn des Kienbachtals unter Andechs.

Bemalte Holztür in grob verputzter Hausmauer mit gemaltem Rahmen

Nahaufnahme des Spruchs über der verzierten Tür: Wer eus Freind do eine gehd, der kumd nie z'fria eher z'pad

In Erling eigenwillige Verschriftlichung von Bayerisch:
“Wer eus Freind do eine gehd, der kumd nie z’fria eher z’pad”

Nach zwei Stunden machten wir hinter Erling um halb drei Brotzeitpause, ich aß einen Wanderapfel und eine Rosinenschnecke (sehr gut).

Sonnige Landschaft mit grüner Wiese und kahlen Bäumen, links angeschnitten ein Schotterweg

Selfie-Porträt einer Frau und eines Mannes mit Wanderkappen und Brillen vor grüner Wiese, kahlen Bäumen, blauem Himmel

In der Sonne auf einer Wiese ein Dutzend Ziegen mit langen Hörnern und sehr langem Fell in Weiß und Dunkelbraun, im Hintergrund ein Dorf mit hellem Kirchturm

Kurz vor Machtlfing exotische Ziegen – solch einen Anblick hatte ich nicht erwartet, ich habe mich doch gerade erst an die regelmäßigen Alpakas gewöhnt. Außerdem aus dem Tierreich: Wir sahen (neben vielen Schmetterlingen) die ersten Schwalben des Jahrs (Rauch- und Mehl-), überraschend viele Bachstelzen, am Himmel reichlich Greifvögel von Falken über Rot- und Schwarzmilane bis Bussarde (fast ein Dutzend über einem Feld, das gerade gepflügt wurde), Meisen, Amseln, Mönchsgrasmücke, in den Ortschaften Spatzen.

Dorf mit hoch gelegener Kirche vor sonniger Frühlingslandschaft

Machtlfing von außen.

Helle alte Dorfkirche mit eckigem Turm und ummauertem Hof, rechts daneben ein Holzstadel, davor ein schwarzer Motorroller

Machtlfing von innen (Kirche St. Johannes Baptist aus dem 19. Jahrhundert).

Sonnige Dorfmitte mit Wirtshaus und Kirche, kahlen Bäumen

Traubing

Gemauertes Bruckerl über sehr schmales Bacherl, im Hintergrund ein altes Dorfhaus, drumrum kahle Bäume

Wegkreuz auf dunklem Holzgintergrund mit realistischer Christunsfigur und beschrifteter Tafel darunter in lichtem sonnigen Wald, Beschriftung wie unten

Trag dein Kreuz, so trägt es Dich
zu besseren Heimat sicherlich!
Doch murrest Du so drückt es sehr
Und weichet dennoch nimmermehr
Wirfst Du es ab, so glaub es mir,
Ein neues schweres nahet Dir.

Wer heute Wand-Tatoos liebt, malte früher solche Belehrungen.

Blick nach oben in blühende Magnolien um ein MVV-Busschild vor blauem Himmel

Magnolienrausch in Tutzing. Auf unserer Wanderung sahen wir sogar DREI Mal Linienbusse, UND es saßen Leute drin! (Wochenende-Ausflügler wahrscheinlich.)

Nach ca. 18 Kilometer in fünf Stunden mit zwei Pausen waren wir am Bahnhof Tutzing. Da es vor Ort immer noch keine wirklich attraktive Wirtschaft gibt, ließen wir uns in einer gesteckt vollen Regionalbahn nach Starnberg fahren und kehrten dort im vertrauten Tutzinger Hof ein.

Ein dunkles Bier für mich (darauf hatte ich mich seit Stunden gefreut und genoss jeden Schluck), ein Pils für Herrn Kaltmamsell. Wir bestellten die Brotzeitplatten, die ich ebenfalls seit Stunden vor meinen inneren Auge und Magen gehabt hatte. Die herzliche Bedienung riet uns, eine zu teilen, denn die meisten, die eine Doppelbestellung wagten, müssten sich die Hälfte einpacken lassen. Ich versicherte ihr, dass wir zum einen wirklich Hunger hatten und außerdem wussten, was auf uns zukam. Als Beweis führte ich das allererste Mal an, dass ich die Brotzeitplatte in diesem Lokal bestellt hatte. Beim Abräumen hatte die Bedienung kommentiert: “Ich sag doch immer, dass man die schaffen kann.”

Gedeckter Wirtshaustisch, außen je zwei Brotzeitbretter, dazwischen Teller, ein Brotkorb, eine Flasche Bier und ein halb geleerter Bierkrug

Der Schweinbraten darauf war frisch und ausgezeichnet, ebenso das Fleischpflanzerl, das warme Brot schmeckte herrlich, lediglich der Obatzte war nur gut, nicht mehr der beste jemals, als den ich ihn in Erinnerung gehabt hatte. Ich mag ja Brotzeitbrettl besonders gern, vor allem nach dem Wandern – und über die Jahre weiß ich immer besser, dass ich am liebsten die ganz altmodischen mag mit der Basis Pressack (rot und weiß), grobe Leberwurst, Käse, kalter Braten (wenn grad noch einer vom Mittagstisch da ist) – der Rest darf variieren. Doch genau die sind in und um München nahezu ausgestorben, sehr wahrscheinlich dem Mainstream-Kundengeschmack geschuldet (PRESSACK?!).

Mein Körper spielte so gut mit, dass mir die zehn Minuten Marsch zum Bahnhof Starnberg keinerlei Mühe bereiteten. Gemütliche S-Bahn nach München durch goldener werdendes Abendlicht.

Zu Hause keine Süßigkeiten auf sehr vollen Magen, endlich schaffte ich das mal, wo ich doch wusste, dass es mir ohne besser gehen würde.

  1. Möglicherweise habe ich ihn versehentlich dazu gebracht, mich als einzige seiner Kund*innen zu siezen – meine Default-Einstellung gegenüber unbekannten Erwachsenen ist halt weiterhin “Sie”.