Psychologin verrät: Wie wir lernen, so gut wie Therapeuten zuzuhören
"Was hast du eben gesagt?" Häufig hören wir unseren Mitmenschen zu, aber bekommen doch nur die Hälfte mit. Mit welchen vier Übungen wir das verändern können, teilt eine Expertin.

"Was hast du eben gesagt?" Häufig hören wir unseren Mitmenschen zu, aber bekommen doch nur die Hälfte mit. Mit welchen vier Übungen wir das verändern können, teilt eine Expertin.
Wir sitzen mit einer guten Freundin im Café. Sie erzählt uns gerade von dem anstrengenden Arzttermin mit ihrem Vater, der an Demenz leidet. Plötzlich fragt sie, was wir an ihrer Stelle machen würden – und wir realisieren, dass wir die letzten Minuten irgendwie nur halb aufmerksam waren. Wir haben zwar zugehört, waren aber gleichzeitig von eingehenden Nachrichten auf unserem Handy abgelenkt. Oder haben den Vogel beobachtet, der gefährlich nah am Bordstein Krümel aufpickte, während die Autos an ihm vorbeirasten. Mist.
Diese Situation kennen wir mit der guten Freundin, mit dem eigenen Sohn, der Mutter, dem Arbeitskollegen. Und immer wieder stellt sich dieselbe Frage: Wie schaffen wir es, über ein ganzes Gespräch aufmerksam zuzuhören? Das verrät uns die Psychologin Valerie Hoover, die sich erst kürzlich bei "Psychology Today" ebenfalls mit diesem Thema auseinandersetzte.
4 Übungen helfen, so gut wie Therapeuten zuzuhören
Jeder Mensch besitze Hoover zufolge die Fähigkeit, gut zuzuhören. Auch, wenn wir es nicht immer tun. Besonders für Therapeut:innen sei gutes Zuhören aber grundlegend, schreibt sie: "Man kann kein guter Therapeut sein, ohne ein guter Zuhörer zu sein." Wie werden wir also im Zuhören mehr wie diese Profis? Vier Übungen können helfen.
1. "Hören Sie mit voller Aufmerksamkeit zu"
Auch als Psychologin kennt Valerie Hoover den Fall, dass wir wichtigen Menschen nur mit einem halben Ohr zuhören und gleichzeitig andere Dinge tun. "Auch wenn es wahrscheinlich nicht realistisch (oder gar notwendig) ist, jeder Interaktion Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken, versuchen Sie doch, es zu einer bewussten Entscheidung zu machen", rät sie, "Erkennen Sie, wann es wichtig ist, Ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken und wann nicht. Und wenn es darauf ankommt – seien Sie großzügig."
2. "Hören Sie mit Metta zu"
Wir schenken unserem Gegenüber unsere ganze Aufmerksamkeit. Aber welche? "Sie können mit ängstlicher, wütender oder verurteilender Aufmerksamkeit zuhören", so die Expertin bei "Psychology Today". Was wir aber wollen: mit Metta zuhören. Dieser Begriff aus der mittelindoarischen Sprache Pali bedeutet übersetzt so viel wie Güte, Freundlichkeit oder Wohlwollen.
Widmen wir uns etwas oder jemandem mit dieser liebevollen Aufmerksamkeit, hören wir automatisch besser zu. "Wenn Sie etwas lieben, lässt es Sie innehalten und Sie wenden sich ihm bereitwillig, ja sogar eifrig zu", beschreibt es Hoover. In der Folge würden wir weniger analysieren oder urteilen, sondern mehr mit dem Herzen bei der Sache sein.
3. "Hören Sie mit offenen Fragen zu"
Auf geschlossene Fragen folgen "ja" oder "nein" als Antworten. Ein flüssiges und spannendes Gespräch kommt dadurch wohl kaum zustande. Offene Fragen hingegen zeigen Interesse, fördern den Austausch und helfen, gut zuzuhören: "Während offene Fragen eigentlich eher zum Sprechen als zum Zuhören führen, schaltet eine gute offene Frage das Gespräch aus dem Autopiloten und sorgt dafür, dass sich sowohl der Sprecher als auch der Zuhörer stärker engagieren. Und weil sie zeigt, dass man zuhört, kann sie Gespräche fördern, die sonst vielleicht nicht zustande kommen würden", so die Psychologin.
4. "Hören Sie mit Ihren Augen zu"
Zuletzt soll es beim Zuhören helfen, ganz bewusst auf die Gestik und Mimik einer Person zu achten – und zwar am besten bereits, bevor das Gespräch beginnt. Wir wollen mit unserem Partner lästern, der wirkt aber gerade traurig? Deshalb: Volle Konzentration, mit Metta verbinden, und offen fragen: 'Du siehst aus, als hättest du einen blöden Tag gehabt – wie geht es dir?'
"Mit dieser emotional großzügigen Geste schenken Sie Ihrem Gegenüber einen sanften Landeplatz", erklärt Valerie Hoover. Auch während des Gesprächs sei es weiterhin wichtig, mit den Augen zuzuhören: "Schauen Sie Ihrem Gesprächspartner aufmerksam zu und achten Sie im Verlauf des Gesprächs auf seine Gesten, Mimik und Körperhaltung. Das hilft Ihnen, gute Zuhörfähigkeiten zu entwickeln und die positiven Gewohnheiten, die Sie eingeführt haben, beizubehalten", resümiert die Psychologin.