Mit Baby zum Bewerbungsgespräch: Gen-Z-Mom zeigt, wie berufstätige Mutterschaft geht
Die eine kam mit Baby zum Bewerbungsgespräch, die andere stillte ihres im Bundestag – richtig so! Warum wir dringend mehr Sichtbarkeit von berufstätigen Müttern brauchen und aufhören müssen, unsere Kinder im Jobkontext ständig zu “kaschieren".

Die eine kam mit Baby zum Bewerbungsgespräch, die andere stillte ihres im Bundestag – richtig so! Warum wir dringend mehr Sichtbarkeit von berufstätigen Müttern brauchen und aufhören müssen, unsere Kinder im Jobkontext ständig zu “kaschieren".
Grünen-Politikerin Hanna Steinmüller (31) setzte diese Woche ein starkes Zeichen, als sie zur Abstimmung über das Billionen-Schuldenpaket ihr Baby mitbrachte. Parallel ging das TikTok-Video einer jungen Mutter viral, die ihr Baby ganz lässig zum Bewerbungsgespräch mitbrachte. Und alle berufstätigen Mütter nur so: Yeah!
Wir können Kinder nicht immer bloß weg organisieren
Die Botschaft? Egal, ob Bewerbungsgespräch, Parlamentssitzung oder Dinnerparty: Wenn’s nicht anders geht, sollte ein Baby kein Hindernis sein, etwas Wichtiges wahrzunehmen. Unsere Kinder gehören zu uns. Wir können sie nicht einfach immer nur weg organisieren, wenn sie unsere gewohnten Abläufe "stören". Schließlich sind sie unser wichtigstes To-Do auf der Liste. Jeden Tag. Das dürfen und müssen künftige Arbeitgebende gerne wissen.
Mom-Shaming: "Da sind die Probleme vorprogrammiert“
Leider scheint das bei vielen nicht ganz angekommen zu sein. Denn statt die junge Genz-Z-Mom Laura (25) dafür zu feiern, dass sie es normalisiert, auch mit Baby alle beruflichen Chancen wahrzunehmen, hagelte es gehässige, misogyne und vollkommen weltfremde Kommentare: "Absolutes No-Go", "Da sind die Probleme vorprogrammiert", "Wie soll das erst werden, wenn du mal arbeitest?“
Was hätte sie denn tun sollen? Absagen? Für Laura war das keine Option: "Ich wollte diese Chance einfach nicht verpassen." Aber ihr Baby abgeben konnte und wollte sie nicht. Wenn der Vater nicht da ist, die Großeltern weit weg wohnen, bleibt oft niemand, bei dem man mal eben guten Gewissens einen Säugling parken kann.
Unternehmen feiert selbstbewusste Mutter öffentlich
Das musste sie auch gar nicht. Für das Unternehmen "Zeam", bei dem sie sich beworben hatte, war es völlig in Ordnung, dass sie ihr Baby mitbrachte. Auf "Linked In" meldete sich Co-Founder Yaël Meier zu Wort, um Laura zu verteidigen: "Unser Team hatte ihr vorab gesagt: Bring dein Baby ruhig mit. Vor Ort haben sich Kolleg:innen ums Kind gekümmert – damit Laura sich voll auf das Interview konzentrieren konnte.“ Ein Baby im Bewerbungsgespräch bleibe die Ausnahme. "Aber es sollte selbstverständlich sein, Mütter beim Wiedereinstieg zu unterstützen“, schreibt das Unternehmen weiter. Man müsse verstehen, dass nicht alle dieselben Ressourcen haben und dass Eltern improvisieren müssen, wenn Pläne platzen.
Es stimmt: Eine (alleinerziehende) Mutter ist nicht dafür verantwortlich, ihr Privatleben so zu organisieren, dass sie wichtige Termine wahrnehmen kann. Dafür müssen Politik und Unternehmen daran mitwirken, dass gleiche Chancen für alle herrschen – durch familienfreundlichere Unternehmensstrukturen, Equal Pay und bessere Ganztagsbetreuung.
Unsere Welt muss familienfreundlicher werden
Ganz wichtig: Mütter müssen sichtbarer im beruflichen Kontext werden – damit die Politik, Unternehmen und die Gesellschaft zum Umdenken gezwungen werden und es Familien endlich einfacher machen. Deshalb war der Auftritt von Auch Grünen-Politikerin Hanna Steinmüller stillend im Bundestag diese Woche auch so wichtig!
Bitte nicht falsch verstehen: Die meisten Eltern finden es sicher nicht toll, wenn sie ihr Kind mit zur Arbeit bringen müssen. Aber: Wenn es nicht anders geht, sollte es kein Problem sein. Hanna Steinmüller hatte nicht damit gerechnet, dass ihr Mutterschutz so früh zu Ende sein würde und sie sich nach dem Ampelcrash quasi im Eiltempo auf den Wahlkampf würde vorbereiten müssen. "Meine Tage beginnen gerade damit, dass ich gerädert aufwache, weil ich in der Nacht alle zwei Stunden gestillt habe“, erzählte sie dem "Tagesspiegel“.
Am Dienstag stillte sie ihren kleinen Sohn nur in den Pausen, weil Kinder im Sitzungssaal verboten sind. Sobald es im Plenum weiterging, musste Papa ran. Sogar der Büroleiter soll einmal eingesprungen sein. Na, bitte – geht doch! Ob Hanna Steinmüller auch in Zukunft alles haben kann und ihr Mann weiterhin seinen (Groß-)Anteil an Care-Arbeit leisten wird, bleibt abzuwarten.
NL-Teaser Empower Hour (Weekend)
Nur sieben Prozent der Väter arbeiten in Teilzeit
Meistens sind es immer noch wir Frauen es, die ihre Karriere opfern. Aktuell arbeiten 60 Prozent der Mütter in Teilzeit, aber nur sieben Prozent der Väter. Die Folge: Mütter werden im Bewerbungsprozess oft aussortiert, weil sie "nur" in Teilzeit arbeiten können oder ihnen familienunfreundliche Arbeitgeber:innen von vornherein unterstellen, sie würden weniger schaffen, weil ihr Kind ständig krank ist.
Dabei ist wissenschaftlich längst bewiesen, dass Mütter nach ihrer Rückkehr in den Job oft überdurchschnittlich produktiv sind, weil sie ein hervorragendes Zeitmanagement habe und es gewohnt sind, täglich mit mehreren Aufgaben gleichzeitig zu jonglieren (was ich nur bestätigen kann).
Mütter, hört auf eure Kinder zu verleugnen!
Es kann nicht sein, dass Mütter anfangen, ihre Kinder zu verleugnen, um beruflich bessere Chancen zu haben. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich zum Vorstellungsgespräch für diesen Job eingeladen wurde – superkurzfristig. Ich war noch in Elternzeit, mein Mann arbeiten, alle Großeltern verhindert. Nie im Leben hätte ich mir den Termin entgehen lassen, also überlegte ich, mein Baby mitzunehmen. Ich dachte: Warum mein Kind verstecken und nicht lieber selbstbewusst und offen mit dem allgegenwärtigen Vereinbarkeitsstruggle umgehen?! Am Ende fand ich aber doch noch einen Babysitter.
Für die Zukunft wünsche auch ich mir, dass es keine News mehr ist, wenn eine öffentliche Frau ihr Kind mit zum Bewerbungsgespräch oder zur Arbeit bringt, sondern Normalität. Denn: Jaaa, auch Mütter von kleinen Babys müssen und wollen VIEL arbeiten.