Geht das nur mir so?: Wie ich zur bakteriophoben Hobbyhausfrau wurde

Besser fünf Minuten geschämt, als fünf Stunden geschrubbt? Das ist kein Rat für die BRIGITTE-Autorin Annette Simons, die sich auf den Frühjahrsputz freut und ihre Fenster immer noch am liebsten mit Zeitungspapier poliert.

Apr 20, 2025 - 12:40
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Geht das nur mir so?: Wie ich zur bakteriophoben Hobbyhausfrau wurde

Besser fünf Minuten geschämt, als fünf Stunden geschrubbt? Das ist kein Rat für die BRIGITTE-Autorin Annette Simons, die sich auf den Frühjahrsputz freut und ihre Fenster immer noch am liebsten mit Zeitungspapier poliert.

Es ist schon eine Weile her, dass ich den Begriff zum ersten Mal gehört habe. Aber ich habe mich sofort damit identifiziert: bakteriophobe Hobbyhausfrau! Zu der Zeit lebte ich in einer WG mit vielen Mitbewohnern. Wir versuchten, das Chaos zwar immer wieder mit einem Putzplan in den Griff zu bekommen, aber die Einzige, die ab und zu durchfeudelte, war ich.

Annette Simons: Hobbyhausfrau aus Leidenschaft

Kein Wunder, dass ich die Toilette auch gern mal mit Desinfektionsmittel behandelt habe. Aber eine Hobbyhausfrau zu sein: Das gab der ungeliebten Putzerei eine völlig neue Dimension. Denn ein Hobby ist etwas Schönes, Spielerisches. Das erfreut mich wie die Mitgliedschaft im Fitnessstudio. Das besuche ich auch nur selten und fühle mich trotzdem zugehörig. Ein fester Putzplan, zum Beispiel montags die Küche reinigen, dienstags das Wohnzimmer, mittwochs das Schlafzimmer usw., das ist nicht so mein Ding. Dann wäre Putzen ja wie Arbeit, da verliere ich sofort die Lust.

Auch für den Gedanken des Zen, mit Ordnung und Sauberkeit eine schöne Wohnatmosphäre zu schaffen, bin ich nicht empfänglich. Ich habe einfach zu viele Lieblingsteile und Erinnerungsstücke, von Puristinnen auch Staubfänger genannt, ohne die ich mich zu Hause nicht wohlfühle. Ständig lese ich, wie befreiend das Aussortieren sei. Immer dieser Zwang, sich von Unnötigem zu befreien! Erstens gelingt mir das schon bei meinen unnötigen Pfunden nicht. Und zweitens: Was ist schon unnötig?

Zwischen Zauberschwämmen und Zeitungspapier

Putzen ist mein Hobby, und schön daran ist auch, wie bei jedem Freizeitvergnügen: Es gibt jede Menge Accessoires. Und Seelenverwandte, mit denen ich über meine Ausrüstung fachsimpeln kann. In meiner Heimatstadt Hannover gibt es die sogenannte Hausfrauen-Messe. Der Name wurde mittlerweile offiziell in INFA (Informationsmesse für Familien) geändert, was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Auf dieser Messe können sich begeisterte Hobbyhausfrauen wie ich bei den Profis über die neuesten Putz-Gimmicks informieren.

Dort entdeckte meine Mutter einst den Schmutzradierer – den sie mir überzeugend anpries. Sie behauptete, dass mir Putzen damit noch viel mehr Spaß machen würde. Ich würde gar nicht mehr aufhören können, den Dreck von Türen und Flächen aller Art wegzuradieren. Und weil mich jeder neue Fachbegriff sofort catcht, kam der "Zauberschwamm" ratzfatz zum Einsatz.

Bei jeder Werbung, die ich für einen Wischmopp sehe, denke ich: Das ist mein ultimativer Motivationskick beim Feudeln. Bislang war allerdings keine Begeisterung für eine Anschaffung von anhaltendem Erfolg gekrönt. Ich liebe nützliche Utensilien wie den Staubwedel mit abknickbarer Teleskopstange oder den elektrischen Fensterputzer, der das Schmutzwasser von der Glasfläche absaugt. Aber am Ende bin ich doch überzeugt davon, dass keine neue Technik meiner bisherigen Politur der Fensterscheibe mit Zeitungspapier überlegen ist.

Gleißendes Glück bei glänzenden Flächen

Eine Zeit lang befeuerte ich die Leidenschaft für mein Hobby durch die Vorstellung, meine Wohnung bei Airbnb oder einer ähnlichen Plattform zu vermieten. Während ich im Bad die Fugen mit einer kräftigen Spezial-Fugenbürste bearbeitete, überlegte ich mir, wie viele Sterne ich wohl für mein tipptopp gereinigtes Bad bekommen würde. Gleißendes Glück!!! "Merk dir dieses Gefühl", lobte ich mich wie die Trainerin nach dem Sport, "wie toll ist es doch hinterher!"

Trotz beachtlicher Erfolge bei meinen Aktivitäten muss ich mich manchmal selbst bremsen, damit meine Putzwut nicht außer Kontrolle gerät. Wenn Sonnenschein auf staubige Flächen fällt, geht fast der Gaul mit mir durch. Noch extremer: der Anblick staubiger Flächen bei Sonnenschein mit Brille. Das scheint mir mittlerweile eh das wichtigste Putz-Accessoire für eine entspannte Ausübung meines Hobbys zu sein: die Brille. Bei Sonne setze ich sie zu Hause möglichst nicht mehr auf.