"Befruchtungspräsident" Trump: Wie man Frauen dazu bewegen will, mehr Kinder zu bekommen

Den Industrienationen gehen die Kinder aus. In der Hoffnung, aus Frauen Mütter zu machen, gebären Männer originelle bis skrupellose Ideen. Donald Trump feiert sich schon als "Befruchtungspräsident".

Apr 22, 2025 - 15:29
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"Befruchtungspräsident" Trump: Wie man Frauen dazu bewegen will, mehr Kinder zu bekommen

Den Industrienationen gehen die Kinder aus. In der Hoffnung, aus Frauen Mütter zu machen, gebären Männer originelle bis skrupellose Ideen. Donald Trump feiert sich schon als "Befruchtungspräsident".

"My Body, My Choice" ("Mein Körper gehört mir") – dieser feministische Schlachtruf wurde von Trump-Anhängern pervertiert, die nach dessen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen "Your Body, My Choice, Forever" skandierten. Damit sagten sie den Frauen triumphierend: Wir Männer werden für immer über eure Körper bestimmen. Da hatte Trump bereits dafür gesorgt, dass das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt wurde. Doch auch in anderen Staaten will man Frauen zum Gebären bewegen – nicht nur durch restriktive Abtreibungsgesetze, sondern auch durch Anreize und Drohungen. Denn eines können Männer nicht: Kinder gebären. 

Die reichen Länder sehen alt aus

Vor allem in den Industrienationen gewinnt der Geburtenrückgang an Fahrt: Bereits 2019 lebte die Hälfte der Weltbevölkerung laut einem UN-Bericht in Ländern, in denen die Bevölkerung schrumpft. Doch was den Planeten schont, schwächt die Volkswirtschaften: zu wenig Konsum, zu wenige Arbeitskräfte und Menschen, die in die Sozialsysteme einzahlen. Immer mehr Regierungen sehen Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigeit bedroht und versuchen gegenzusteuern – die Zahl der Länder, die Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate ergreifen, stieg in den vergangenen 30 Jahren von 19 auf 56. Das ist übrigens alles gar nicht so neu: Schon frühmoderne Staaten entdeckten die Menschen als Einkommensquelle und trafen Maßnahmen zur gezielten Bevölkerungsvermehrung. 

Die kuriosesten und die krassesten Ideen

Heute versucht man fast überall, Frauen mit Geld in die Kreißsäle zu locken – mit bezahlter Elternzeit, Betreuungszuschüssen, Geburtsprämien, Kindergeld. In Deutschland hat die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen 2007 das Elterngeld eingeführt, seit 2013 haben Familien (theoretisch) einen Anspruch auf einen Kitaplatz. Andere Nationen entwickeln unkonventionellere Ideen.

Südkorea: Schnellzüge und "Konversionstherapie"

Südkorea hat die niedrigste Geburtenrate der Welt, 2023 wurden pro Frau statistisch nur noch 0,72 Kinder geboren. Und das, obwohl die Geburtenrate zum nationalen Notstand erklärt wurde und Milliarden in die Förderung von Familien gesteckt werden. Weil lange Arbeitswege häufig als Grund für Kinderlosigkeit genannt werden, steuert die Regierung nun auch mit Schnellzügen gegen: Sie sollen die Wege verkürzen und Paaren mehr Zeit für die Familie ermöglichen. Es werden auch kontroverse Maßnahmen diskutiert: Männer mit drei oder mehr Kindern sollen von der Wehrpflicht befreit, der Mindestlohn für Haushaltshilfen aus dem Ausland abgeschafft werden. Der Sprecher der Nationalversammlung, Kim Jin-pyo, schlug sogar vor, die Geburtenrate zu steigern, indem man Homosexualität durch "Konversionstherapien heile". Doch trotz aller Anstrengungen gehen die Frauen in der stark patriarchal geprägten Gesellschaft Südkoreas zunehmend in den Gebärstreik; Speerspitze ist die radikal-feministische 4B-Bewegung, welche die vollkommene Abkehr von Männern propagiert.

China: Motivationsanrufe und staatliche Dating-App 

2023 wurden in China nur noch halb so viele Kinder geboren wie 2016. Präsident Xi Jinping hat deshalb eine "neue Kultur des Kinderkriegens und Heiratens" ausgerufen. Eltern sollen stärker finanziell unterstützt werden, mehr Betreuungsangebote erhalten und flexibler arbeiten können. Damit die Familienfreundlichkeit auch in den Köpfen Einzug hält, haben Zensoren rund 700 Online-Fernsehserien gelöscht, die Familie "zu negativ" darstellten. Und im Herbst 2024 telefonierten Beamte 30.000 Frauen ab, um herauszufinden, warum sie keine Kinder haben. Dabei wurden sehr private Fragen gestellt: ob sie in einer Beziehung leben, gerade menstruieren oder schwanger sind. Auch eine staatliche Dating-App ist geplant.

Japan: Gebärmutterentfernung und Viertagewoche 

Schon 1990 war die Geburtenrate in Japan auf ein Rekordtief gefallen, die Rede war vom "1,57-Schock". Seither fließen viele Milliarden Euro in die Unterstützung junger Familien. Trotzdem lag Japans Fertilitätsrate im vergangenen Jahr nur noch bei 1,2. Naoki Hyakuta, Vorsitzender der Konservativen Partei Japans, schlug vor, Frauen über 30 die Gebärmutter zu entfernen, damit ihre biologische Uhr schneller tickt und sie früher mit der Familienplanung beginnen. Gegen diese frauenverachtende Forderung gingen jedoch viele Menschen auf die Straße. Immerhin: Tokios Stadtverwaltung will ihren Mitarbeitenden bald eine Viertagewoche ermöglichen. Die Maßnahme soll die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern und dazu ermutigen, Kinder zu bekommen.

Russland: Gebären fürs Vaterland und "Schutz vor der Verleitung zum Schwangerschaftsabbruch"

2024 lag die Geburtenrate in Russland auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Daran hat auch das "Mutterschaftskapital" nichts geändert, das man seit 2007 auszahlt – eine Prämie für die Geburt eines jeden Kindes. Ansonsten setzt der Kreml weniger auf Anreize als auf Verbote, etwa mit einem Gesetz gegen die "Propaganda der Kinderlosigkeit"; es erinnert an China und soll verhindern, dass Elternschaft in der Öffentlichkeit negativ dargestellt wird. Außerdem wird aktuell das Schulfach "Familienkunde" eingeführt, das Kinderreichtum und Keuschheit vermittelt. Im Zentrum der politischen Debatte steht außerdem der "Schutz schwangerer Frauen vor der Verleitung zum Schwangerschaftsabbruch." Die Folgen: Kliniken wird untersagt, Abtreibungen durchzuführen, Fristen werden verkürzt. Die Abgeordnete Zhanna Ryabtsewa forderte: "Gebären, gebären und nochmals gebären". Gleichzeitig sterben jeden Tag junge Männer an der Front in der Ukraine.

Ungarn: Ein Auto mit sieben Sitzen 

Bereits 2019 hat Viktor Orbán den "Aktionsplan für Familienschutz" ausgerufen: Jede Ungarin bekommt seitdem zur Hochzeit einen staatlichen Kredit von gut 30.000 Euro. Gebärt sie in der Ehe drei Kinder, darf sie das Geld behalten. Bekommt sie noch mehr Nachwuchs, wird sie lebenslang von der Einkommenssteuer befreit – und sowohl ein Eigenheim als auch ein Auto mit "mindestens sieben Sitzen" werden vom Staat gefördert.

USA: Der "Befruchtungspräsident"

In die Reihe dieser teils autoritär geführten Staaten reiht sich nun auch die USA ein. Die Trump-Administration hat es sich zum Ziel gesetzt, dass mehr Amerikaner:innen kinderreiche Familien gründen. Aktuell wird überlegt, jeder amerikanischen Mutter nach der Entbindung einen Baby-Bonus von 5000 Dollar auszuzahlen. 30 Prozent der prestigeträchtigsten Uni-Stipendien sollen künftig Bewerber:innen vorbehalten sein, die verheiratet sind oder Kinder haben. Außerdem wird die Finanzierung von Programmen gefordert, die Frauen über ihre Menstruationszyklen informieren – "damit sie besser verstehen können, wann sie ihren Eisprung haben und schwanger werden können", so die "New York Times". Bereits 2023 sagte Donald Trump, er wolle "einen Baby-Boom“, letzten Monat versprach er, als "Befruchtungspräsident" in die Geschichte einzugehen. Die kanadische Autorin Margaret Atwood schrieb schon zu Beginn seiner ersten Amtszeit sinngemäß: "Die Kontrolle von Frauen und Babys war schon immer ein Merkmal repressiver Regimes" ("The control of women and babies has been a feature of every repressive regime on the planet"). 

Was sind die Gründe für den Geburtenrückgang?

Als Hauptursache für den Geburtenrückgang hat die UN die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie ausgemacht. In dem eingangs genannten Bericht heißt es:

In Zeiten massiver Bildung und Erwerbsbeteiligung von Frauen (…) führt die Unmöglichkeit, bezahlte Arbeit mit Kindererziehung zu vereinbaren, häufig zu Kinderlosigkeit oder zur Geburt von nur einem Kind.

Eine unsichere Wirtschaftslage, teurer Wohnraum, Inflation, globale Krisen und das Armutsrisiko, das Kinder besonders für Frauen mit sich bringen, sind weitere Ursachen. Zu den neuesten Faktoren gehören laut UN auch der "Trend zu intensiver Kindererziehung" und die "Birth-Strike-Bewegung", die Kinderlosigkeit als Maßnahme gegen den Klimawandel propagiert. Manche Frauen haben auch schlicht keine Lust auf Familie und die damit einhergehende Care-Arbeit, die aller Fortschritte zum Trotz größtenteils an ihnen hängen bleibt. Das war in früheren Generationen nicht unbedingt anders, doch unsere Vorfahrinnen hatten häufig keine Wahl: Heiraten und Kinderkriegen war der einzig gesellschaftlich akzeptierte Lebensweg.