Interview mit Arne Freytag: »Cubo ist eine Einladung zum Experimentieren«
Die Cubo von Arne Freytag ist Steven Hellers »Font of the month« und auch PAGE ist begeistert von der Monospaced … wir hatten da noch ein paar Fragen an den Schriftgestalter von Fontador.

Die Cubo von Arne Freytag ist Steven Hellers »Font of the month« und auch PAGE ist begeistert von der Monospaced … wir hatten da noch ein paar Fragen an den Schriftgestalter von Fontador.
Für den Grafikdesigner und Designautoren Steven Heller ist die Cubo von Arne Freytag der Inbegriff der Zukunft im Hier und Jetzt. »It is today’s type that anticipates tomorrow.« Wow, klingt stark und das ist sie auch. Also was genau ist die Cubo? Wir haben den Schriftgestalter aus Hamburg gefragt: »Sie ist eine konstruierte serifenlose Schrift, die auf einer quadratischen Grundform basiert. Jede Glyphe folgt diesem strengen Raster, wodurch die Schriftart gleichmäßig bleibt und eine einheitliche Struktur erhält.
Daneben ermöglichen es die acht optionalen Füllschnitte, alle Zeichen mit Dummy-Material zu füllen, sodass nicht nur die Formen harmonieren, sondern auch der Grauwert ausgewogen bleibt. So entsteht eine kompakte, visuell ausgewogene Typografie, die besonders in modularen Designs zur Geltung kommt. Cubo eignet sich ideal für Logos, fette Überschriften und dekorativen Satz.« Und der legendäre Steven Heller ist sich sicher, dass sie es auch auf andere Medien wie Bücher, Schallplatten oder Plakate schafft.
Ein einzelner Font kostet 14 Euro, die ganze Familie 52 Euro. Hier geht es zur Cubo bei Fontador.
»Cubo spielt mit der Grenze zwischen Konvention und Abstraktion«
Im Interview verrät uns Arne Freytag, was ihn zur Cubo inspiriert hat und welche Hürden er meistern musste, um die Cubo-Familie fertigzustellen.
PAGE: Wer oder was hat Dich zu Cubo inspiriert?
Arne Freytag: Die Grundidee für die Schrift entstand ursprünglich bei einem Plakatentwurf für eine Tanzperformance der Künstlerin Elizabeth Ladrón de Guevara. Die Choreografie thematisierte das langsame Verschwinden und Unsichtbarwerden der Selknam, eines indigenen Volkes Chiles.
Dies war der Ausgangspunkt für eine typografische Auseinandersetzung mit Sichtbarkeit, Codierung und Systematik. Stärker als eine direkte historische Rekonstruktion indigener Schriftsysteme stand die visuelle Logik im Mittelpunkt: Viele Schriftsysteme Südamerikas weisen modulare Prinzipien, regelmäßige Anordnungen und gitterartige Strukturen auf. Diese Ästhetik – eine Form der Codierung von Sprache – diente als Grundlage für die Cubo, die das Prinzip der Zeichenkodierung in eine eigenständige, futuristische Form überführen sollte.
Wolltest du Zukunft visualisieren oder worauf hast du hingearbeitet?
Die Vergangenheit liefert Bausteine, und die Zukunft kombiniert sie neu. – Dieses Prinzip war die Grundlage meiner gestalterischen Herangehensweise. Mein Ziel war es, eine futuristische Interpretation aus der ursprünglichen Schriftidee zu entwickeln – eine Schrift, die sich auf ein reduziertes, aber konsequentes System setzt.
Die Schrift folgt einem minimalistischen Ansatz, bei dem ein einziges Formenprinzip in Kombination mit definierten Zwischenräumen die gesamte Struktur bestimmt. Dabei geht es nicht nur um die reine Reduktion der Zeichenformen, sondern auch um eine alternative Art der Codierung: Wie lassen sich Buchstaben mit minimalen Mitteln lesbar halten? Wie kann das Verhältnis von Zeichen zu Raum neu definiert werden?
Cubo ist eine Einladung zum Experimentieren – mit Strichstärken, modularen Füllungen und der Wahrnehmung von Schrift als System. Sie spielt mit der Grenze zwischen Konvention und Abstraktion und fordert heraus, Schrift als dynamisches, variierbares Raster zu begreifen.
Sollte es unbedingt eine Mono sein, weil sie sehr modern wirken?
Ja, aber die Entscheidung für eine Monospace-Struktur hatte auch mehrere gestalterische und funktionale Gründe: Die gleichmäßigen Abstände ermöglichen eine konsistente, blockartige Anordnung des Schriftbildes. Im Blocksatz fügt sich der Text nahezu automatisch in eine rechteckige Form. Wenn der Zeilenabstand dem Wortabstand entspricht, entsteht die visuelle Illusion einer potenziellen horizontalen oder vertikalen Lesbarkeit. Dadurch entsteht eine andere Wahrnehmung von Schrift als rein lineares System.
Wie umfangreich ist die Cubo und wie aufwändig war es, sie zu produzieren?
Sie muss ja nicht so umfangreich sein wie eine Textschrift, enthält jedoch alle essenziellen Sonderzeichen, Interpunktionszeichen und diakritischen Zeichen für 34 Sprachen.
Die Produktion war auf den ersten Blick einfacher: Weniger Sonderzeichen, kein Kerning, Buchstabenformen aus einem Raster. Hat aber doch wesentlich länger gedauert, als ich dachte. Das Schwierige war quasi die Umkehrung des Rasters von den leichten zu den schweren Schnitten, also das stufenlose verbinden von zwei Rastern. Was in der Ultra Light funktionierte und gut aussah, ging in Ultra Bold nicht mehr.
Hier eine funktionierende Methode insbesondere mit den zusätzlichen, optionalen Fills (Füllungen) der Zeichen zu finden, war zeitaufwändig. Die Akzente sind bewusst unauffällig und kleiner gehalten, um den quadratischen Charakter weitgehend zu erhalten, bzw. mehr in den Vordergrund zu stellen. Die Schriftgestaltung unterwirft sich einem visuellen System und gerade dadurch soll sie Anreize zum Experimentieren und Variieren mit Strichstärken und/oder gefüllten und ungefüllten Zeichen geben.
Vielen Dank für das Interview!
Weiterlesen: Hier geht’s zum Artikel über Cubo von Steven Heller bei I love Typographie.