Porträt der Woche: Corinna Pourian
PAGE gefällt …: Illustrationen von Corinna Pourian, die mitten hinein in die Motive geht und in schönsten pudrigen Farben, mit Buntstiftgekritzel und aquarellhaften Flächen, von Oktopus-Tattoos und Alleinekindern erzählt – und vom einfach ...

PAGE gefällt …: Illustrationen von Corinna Pourian, die mitten hinein in die Motive geht und in schönsten pudrigen Farben, mit Buntstiftgekritzel und aquarellhaften Flächen, von Oktopus-Tattoos und Alleinekindern erzählt – und vom einfach machen.
Name Corinna Pourian
Location Osterholz-Scharmbeck bei Bremen
Web www.grauundgold.com
Instagram @illustration_corinna_pourian
Start Ich zeichne seit ich denken kann. Nach einer Mappenschule und dem Kulturpädagogik-Studium in Hildesheim war ich erstmal lange Theaterpädagogin und illustrierte nebenbei Flyer und Plakate für freie Theatergruppen. Meine Schubladen füllten sich mit Bilderbuchideen. Dann wurde ich per Quereinstieg Kunstlehrerin an Grundschulen in Bremerhaven und Niedersachsen. Im Lockdown passierte etwas Tolles: Per Zoom bekam ich die Chance, meine Ideen aus der Schublade zu holen und dem Kunstanstifter Verlag mein Portfolio vorzustellen. Kurz danach erhielt ich im Zug sitzend die Zusage für mein erstes Bilderbuch mit der Autorin Anna Job (es ist gar nicht so einfach, im Zug vor Freude durchzudrehen). Langsam switchte meine Arbeit vom Theater zur Kunst – und heute bewege ich mich als Selbständige zwischen Vermittlung und eigener Kunst. Ich arbeite mit Kleinen und Großen in Workshops und Projekten. Das macht Spaß, aber noch mehr Spaß macht mir die Illustration. Wenn ich groß bin, will ich nur noch Bilderbücher machen. Ich arbeite gerade am vierten, und mittlerweile schreibe ich auch selbst Geschichten.
Stil Manchmal sagen Menschen, dass sie meinen Stil sofort erkennen. Ich selbst weiß gar nicht so recht, ob ich einen klaren Stil habe. Immer wenn ich die Arbeit an einem Projekt beendet habe, möchte ich ganz anders weiterarbeiten – oder wenigstens ein bisschen anders. Ich arbeite schnell, und mir wird schnell langweilig. Dann brauche ich eine neue zeichnerische Herausforderung. Vielleicht stimmt es, was mein Mann sagt: »Du zeichnest so, wie Deine Theaterstücke waren: mittenrein.« Ich plane nicht. Ich mache kein Storyboard. Ich illustriere einen Text chronologisch und weiß nicht, wie das letzte Bild der Geschichte aussehen wird – aber alle Bilder sind irgendwie fertig in mir und wollen raus. Das ist nochmal mehr so, wenn der Text von mir ist. Deshalb irritiert es mich eher, wenn ich an einem Bild lange herumdenken muss. Es geht ums Loszeichnen, um den Zoom mitten ins Motiv hinein, oft angeschnitten, meist mit eigener Erzählebene, manchmal mit Handletterings. Mir ist es wichtig, dass die Illustrationen eine andere Zugangsebene zur Geschichte eröffnen als der Text.
Lieblingsmotive Ich freue mich immer, wenn ich am Schluss eines Prozesses das Cover eines Buches zeichne, am besten mit selbstgeschriebenem Titelschriftzug. Im Buch zeichne ich am liebsten menschliche Figuren und erzähle über das, was zwischen Menschen passiert. Ich mag es, Beziehungen zu illustrieren, Familienthemen finde ich spannend und das Verhältnis von Kindern und Erwachsenen. Konflikte und Harmonien, Hierarchien und Nähe – all sowas. Gerade übe ich es, Räume zu zeichnen, in denen all das stattfinden kann. Und Nasen. Nasen sind eine Herausforderung.
Technik Als ich mit der Illustration angefangen habe, in der Mappenschule und im Kunststudium, habe ich analog collagiert. Collagen waren meine Methode, ich mochte die Vielschichtigkeit, die Kombinationsmöglichkeiten und die Auseinandersetzung mit Papieren aller Art. Irgendwann später schenkte mir mein großer Sohn Procreate zu Weihnachten. Mittlerweile zeichne ich fast nur noch digital. Ich wurde mal gefragt, ob da nicht vielmehr Distanz zum Bild ist – das finde ich gar nicht. Für mich fühlt sich die Arbeit am iPad ebenso nah und vielschichtig an. Ich zeichne meist mit dem Procreate Pencil und mit Freycinet, manchmal nutze ich Texturen wie Gitternetze. Ich mag die Kombination von Buntstift-Gekritzel und fast aquarellartiger Fläche und das Nebeneinander von leichten und starken Farben. Außerdem liebe ich es, Muster zu erfinden. Für das aktuelle Buchprojekt nutze ich neben den selbstgezeichneten Dingen auch ausgeschnittene Motive aus Fotos und kehre damit ein bisschen zur Collage zurück.
Inspiration Als ich klein war, kaufte mir mein Vater jeden Sonntag ein Pixi. Ich habe sie alle noch, und besonders die dänischen Illustratorinnen Iben Clante und Grete Janus Hertz mag ich bis heute. Die alten Paddington-Bücher waren auch toll. Überhaupt gibt es eine Art ästhetische Sozialisation durch Bilderbücher und eine große Liebe zu ihnen, die sich durch mein Leben und unsere Regale zieht. Irgendwann kam auch Wolf Erlbruch dazu, vielleicht bin ich wegen seiner »Werkstatt der Schmetterlinge« Illustratorin geworden. Auch jetzt noch bin ich ein Fangirl, wie auch von Nele Palmtag, Wiebke Oeser, Jon Klassen, Oliver Jeffers… Es gibt eine wirklich großartige Illustrationsszene, und ich beginne gerade, mich mehr zu vernetzen. Bald fahre ich zum ersten Mal zur Kinderbuchmesse in Bologna. Ich bin sehr gespannt.
Kunden Ich habe drei Bilderbücher im wundervollen Kunstanstifter Verlag veröffentlicht: »Salzige Milch« über das Mutterwerden und Ichbleiben und die Fortsetzung »Muschmamm« über die Beziehung einer Mutter zu ihrer Tochter (Text: Anna Job, Buchgestaltung Theresa Schwietzer) richten sich an Erwachsene. »Alleinekind« (Text und Bilder von mir) über das Aufwachsen als Einzelkind ist ein Bilderbuch für Kinder. Gerade arbeite ich an einem weiteren Bilderbuch für Erwachsene (ich mag das Genre). Außerdem habe ich eine Geschichte für Kinder geschrieben, mal sehen, wo dieses Projekt landet.
Für die Bildungsstätte Bredbeck illustriere ich Flyer und Programmhefte, zudem betreibe ich gemeinsam mit der Grafikdesignerin Katharina Schulze das neon, einen Spielraum für Gestaltung, den wir als Atelier, Laden und für Workshops nutzen.
Agent:in Ich habe keine:n, hätte aber gern eine:n.
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