Cornelia Poletto: "Eine Gastronomin hat so viele Jobs auf einmal"

Hohe Kosten, Fachkräftemangel und eine schwierige Vereinbarkeit von Familie und Arbeit – die Gastronomie steht vor großen Herausforderungen. Dennoch brennt Starköchin Cornelia Poletto seit Jahrzehnten für ihren Beruf und greift jetzt auch kleineren Betrieben unter die Arme.

Mar 14, 2025 - 12:04
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Cornelia Poletto: "Eine Gastronomin hat so viele Jobs auf einmal"

Hohe Kosten, Fachkräftemangel und eine schwierige Vereinbarkeit von Familie und Arbeit – die Gastronomie steht vor großen Herausforderungen. Dennoch brennt Starköchin Cornelia Poletto seit Jahrzehnten für ihren Beruf und greift jetzt auch kleineren Betrieben unter die Arme.

Die Gastro steckt in der Krise – wieder einmal. Das Hoch nach der Coronakrise ist längst vorbei, viele Gasträume sind nur noch spärlich besetzt. Insbesondere kleine gastronomische Betriebe haben es in diesen Zeiten schwer. Doch was tun gegen das Verschwinden der Lieblingscafés und -restaurants? Star-Köchin Cornelia Poletto kämpft gegen das Gastro-Sterben.

Cornelia Poletto im BRIGITTE-Interview

BRIGITTE: Frau Poletto, Sie sind das Vorbild vieler Gastronominnen. Finden heutzutage mehr Frauen den Weg in die Gastro?

Cornelia Poletto: Leider nicht – in der Top-Gastronomie gibt es nicht mehr Köchinnen als früher. Es ist einfach sehr, sehr schwierig. Man muss das fast maßschneidern. Eine Gastronomin hat so viele Jobs auf einmal. Aber ich brenne immer noch für diesen Beruf und auch dafür, den Frauen und Köchinnen zu zeigen, dass es möglich ist, Gastronomie und Familienleben unter einen Hut zu kriegen. 

Die Gastro ist keine familienfreundliche Branche.

Einige junge Kolleginnen, die jetzt auch Mütter sind, wie beispielsweise Vicky Fuchs, schaffen das. In ihrem Fall, weil sie in einem Familienbetrieb arbeitet. So war es bei mir auch: Wir haben in dem Haus, in dem das Restaurant war, im ersten Stock gewohnt. Da stand abends das Babyfon in der Küche und entweder ist mein Mann hochgegangen oder ich, wenn unsere Tochter wach geworden ist. Je nachdem, wer gerade konnte.

Also steht die Familienplanung der Karriere im Weg?

Ja, und das liegt zum Großteil an den Arbeitszeiten. Es ist nun mal ein Job, der abends stattfindet, weil dann alle Restaurants geöffnet sind. Gerade junge Unternehmerinnen, die sich am Ende des Monats die Zahlen anschauen, stellen fest, dass sie es sich nicht leisten können, ihre Gastronomie an Feiertagen, Wochenenden oder für längere Urlaube zu schließen. Das haben wir anfangs mit unserem Restaurant auch nicht gekonnt. 

Man fährt als Köchin morgens um vier trotz Baby auf den Großmarkt und kauft selbst das Gemüse ein. Klar wird auch gedacht, 'Oh toll, heute haben wir einen guten Umsatz gemacht' – aber wenn man wirklich alle Kosten abzieht, dann bleibt an vielen Tagen unterm Strich nichts übrig. Besonders am Anfang ist der wirtschaftliche Druck groß. Deswegen finde ich die Aktion "Lokalhelden gesucht" in Kooperation mit VistaPrint so toll, wodurch kleine Cafés und Restaurants eine echt Chance bekommen.

Was genau steckt dahinter?

Bei "Lokalhelden gesucht" können sich Cafés und Restaurants mit maximal 15 Mitarbeitenden bewerben und ihr Konzept vorstellen. Der Siegerbetrieb wird im laufenden Geschäft unterstützt, entsprechend gefördert und erhält ein umfassendes Werbepaket. Eine gute Sache, denn ich glaube, wir haben letztes Jahr in Hamburg rund 35 kleine Cafés und Restaurants geschlossen.

Die Gastro steckt wieder in einer sehr, sehr großen Krise. 

Das liegt zum einen an den Energiekosten. Doch die größte Schwierigkeit ist die Personalproblematik – Menschen dafür zu begeistern, länger in einem Betrieb zu bleiben und nicht nach einem halben Jahr das Handtuch zu werfen. Dazu kommen die permanent steigenden Preise – die Gäste sind zurückhaltender als früher und überlegen sich ganz genau, ob sie sich den Besuch im Café oder Restaurant überhaupt noch leisten wollen oder können.

Wie ziehen Sie die Menschen in Ihr Restaurant?

Bestes Essen kann nur aus wirklich guten Produkten entstehen – eine hohe Qualität ist also wichtig. Und dass ein Gast das Gefühl hat, dass wir uns jedes Mal freuen, wenn er kommt. Ich bette Gerichte auch gerne in Geschichten ein. Beispielsweise gehe ich zu den Gästen an den Tisch und zeige ihnen den fangfrischen Tagesfisch und was ich mir dazu kulinarisches überlegt habe. Dieses Persönliche, diese Wärme, die dann natürlich auch verbunden ist mit einem gewissen Qualitätsanspruch.