Die Lewinsky-Affäre : Er bleibt Präsident, sie verliert ihre Zukunft
Monica Lewinsky war 1998 Gesicht eines Riesen-Skandals. Die damals 22-Jährige hatte eine Affäre mit dem mächtigsten Mann der Welt. Jetzt spricht sie im Podcast "Call her Daddy" über das Trauma.

Monica Lewinsky war 1998 Gesicht eines Riesen-Skandals. Die damals 22-Jährige hatte eine Affäre mit dem mächtigsten Mann der Welt. Jetzt spricht sie im Podcast "Call her Daddy" über das Trauma.
"Ich hatte nie eine sexuelle Beziehung mit dieser Frau." Dieser Satz, den der damalige US-Präsident Bill Clinton am 27. Januar 1998 selbstbewusst in die Kameras im Weißen Haus sprach, sorgte für Nachhall. Nicht für den damals mächtigsten Mann der Welt, sondern für eben "diese Frau".
Monica Lewinsky: Machtgefälle par excellence
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und seine 22-jährige Praktikantin. Alles an dieser Beziehung, auch wenn sie auf Gegenseitigkeit beruhte, wie Lewinsky immer wieder betonte, schreit "ACHTUNG, MACHTGEFÄLLE". Die 27 Jahre Altersunterschied kommen da eher wie ein müder Fakt daher, dem man gar nicht mehr viel Beachtung schenkt. Aber ja, auch 27 Jahre sind krass, vor allem, wenn der eine Part gerade so volljährig ist.
Nachdem die Affäre aufgedeckt worden war, wurde Monica Lewinsky über Nacht von einer Privatperson zur öffentlichen Hate-Zielscheibe. "Schlampe", "Flittchen" und "Home-Wrecker", also Ehebrecherin, waren nur einige unschöne und sexistische Beschimpfungen, mit denen sich die junge Frau betiteln lassen musste. Die Medien stellten sie als Verführerin dar, die den armen, unschuldigen Mann um den Finger gewickelt hatte. Bill Clinton blieb nichts anderes übrig, als seine Aussage über die angebliche Nicht-Beziehung zu revidieren. Das kostete ihn fast das Amt, aber auch nur fast, denn im Endeffekt kamen recht mickrige Konsequenzen auf ihn zu.
Er bleibt Präsident, sie verliert ihre Zukunft
Im Podcast "Call her Daddy" blickt Monica Lewinsky zusammen mit Hostin Alex Cooper auf ihre Geschichte zurück. Die Affäre habe den Verlauf ihres ganzen Lebens beeinflusst, so die mittlerweile 51-Jährige. "Ich war Anfang 30 und hatte nichts. Da wurde mir klar, wie viel mir genommen worden war. Ich habe meine Zukunft verloren", sagt sie zur Gastgeberin. Ziemlich bitter, wenn man bedenkt, dass Bill Clinton nie öffentlich zur Verantwortung gezogen wurde und der Skandal seiner Beliebtheit scheinbar keinen großen Abbruch getan hat.
Der Vorfall hat eine ganze Generation geprägt und jungen Frauen gezeigt: Ein mächtiger Mann kann eigentlich alles machen, ohne Konsequenzen zu befürchten. "Ich glaube, es war für die Frauen meiner Generation ein großer Kollateralschaden, mit anzusehen, wie eine junge Frau auf der Weltbühne an den Pranger gestellt wurde – wie sie wegen ihrer Sexualität, ihrer Fehler, ihres ganzen Wesens in Stücke gerissen wurde", vermutet auch Lewinsky.
Heute wäre das anders gelaufen?
Heute hat man Worte für das, was Monica Lewinsky nach dem Skandal passiert ist: Victim-Blaming und Slut-Shaming zum Beispiel. Heute schaut man kritischer auf solche Machtgefälle – also Männer in Machtpositionen, die untergeordnete Frauen ausnutzen. Lewinsky selbst hat in dieser Hinsicht einen Prozess durchgemacht. Erst viel später habe sie verstanden, dass – auch wenn die Beziehung konsensual war – es ein riesiges Machtgefälle zwischen einem Präsidenten und einer Praktikantin im Weißen Haus gibt: "Er war mein Chef. Er war der mächtigste Mann auf diesem Planeten. Er war 27 Jahre älter als ich und hatte genug Lebenserfahrung, um es besser zu wissen", sagte sie bereits 2021 in einem Interview mit CNN.
Heute blickt man also vielleicht kritischer auf solche Fälle wie den von Lewinsky, man würde von Machtmissbrauch sprechen. Die Frage ist nur: Wären Männer zur Verantwortung gezogen worden? Die Fälle Lindemann, Mockridge, Spacey und Co. sprechen für sich. Ja, rein rechtlich konnte man den Herren nichts nachweisen, es gilt die Unschuldsvermutung. Oft steht dahinter, das zeigen zahlreiche Recherchen, ein System mächtiger Männer, die sich gegenseitig schützen. Frauen haben keine echte Chance, sich dagegen zu wehren. Der Fall Lewinsky könnte vermutlich heute genauso passieren.